08.08.2007

Armutskonferenz fordert ganzheitliche Strategie zur Armutsbekämpfung

Sozialexperte Schenk: „Problem Armut muss politische Chefsache werden“

Sozialexperte Schenk: „Problem Armut muss politische Chefsache werden“

Wien (epd Ö) – Für eine „ganzheitliche Strategie zur Armutsbekämpfung“ hat sich die Armutskonferenz ausgesprochen. Der Sozialexperte Martin Schenk plädierte im Rahmen einer Pressekonferenz am Freitag in Wien dafür, das Problem „Armut“ zur politischen Chefsache zu machen und nahm Bundes- und Vizekanzler sowie die gesamte Regierung in die Verantwortung. Es sei u.a. deren Aufgabe, die unterschiedlichen Sozialmodelle der Länder miteinander zu koordinieren, so Schenk.

 

Rund 420.000 Österreicher sind von Armut betroffen. Zu den oftmaligen Folgen würden chronische Krankheiten und eine verkürzte Lebenserwartung zählen. Dass Arme drei Mal so oft krank wie Reiche würden, habe nur bedingt mit der Medizin selbst zu tun, so Schenk. Unterschiede in der gesundheitlichen Belastung selbst und verminderte Erholungsmöglichkeiten würden die Lebenserwartung senken. Dazu kämen Stress, Isolation und Beschämung.

 

Das aktuelle von Sozialminister Erwin Buchinger präsentierte Modell einer „bedarfsorientierten Grundsicherung“ bezeichnete Schenk als „einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung“. Es bestehe aber Nachbesserungsbedarf. Da vieles auch noch nicht fertig ausverhandelt ist, bleibe abzuwarten, ob die angekündigte Mindestsicherung tatsächlich zu einem Instrument der Armutsbekämpfung wird.

 

Lobend hob Schenk hervor, dass die Mindestsicherung ein Beispiel gelungener Verbindung unterschiedlicher politischer Kompetenzfelder sei. Als „kontraproduktiv“ bezeichnete er hingegen die geplante Vermögensanrechnung, wonach Vermögenswerte vor Inanspruchnahme einer Mindestsicherung zu verwerten sind.

 

Michaela Moser, Vizepräsidentin des European Anti Poverty Network (EAPN), wies auf die problematische Schnittstelle zwischen Sozialpolitik und Arbeitsmarkt hin. So unterscheide das Arbeitsmarktservice (AMS) beispielsweise nur zwischen arbeitsfähig und arbeitsunfähig. Hier müsse es aber genauere Unterscheidungen geben, um auch nicht voll in den Arbeitsmarkt einsetzbare Menschen zu integrieren und somit nicht der Gefahr von Isolation, Ohnmacht und Beschämung auszusetzen. Die ernüchternde Zahl von 80 Millionen von Armut betroffenen Menschen innerhalb der Europäischen Union zeige dramatisch die große Dringlichkeit, dieses Thema wieder stärker in den Vordergrund zu stellen.

 

Das besondere Problem Frauenarmut unterstrich Anneliese Erdemigl-Brandstätter von der „Frauenberatung Kassandra“. „Frauen sind von Armut stärker gefährdet als Männer“, so Brandstätter, die besonders auch die Armutsgefährdung von Immigrantinnen und Asylantinnen hervorhob.

www.armutskonferenz.at

ISSN 2222-2464

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