03.11.2024

Zum Tod lachen

Julia Schnizlein über ein Fest der Dankbarkeit und Vorfreude

Die Bibel beschreibt den Himmel als Ort, an dem Gott ist, der alle Tränen trocknet, einen Ort, an dem keine Schwere mehr ist, keine Schmerzen, kein Leid und vor allem keine Abschiede und kein Tod. (Foto: Depositphotos / ryanking999)

Julia Schnizlein über ein Fest der Dankbarkeit und Vorfreude

Ein Eiskratzer mit der Aufschrift: „Mit uns kratzen Sie besser ab“, ein Turnsackerl mit dem Slogan: „Ich turne bis zur Urne“ oder eine Kochschürze mit aufgedruckter Torte, Muffin und den Worten: „Ich nasche bis zur Asche…“. Mit derartigen Accessoires wirbt die Bestattung Wien für ihr Metier, den Tod.

Darf man einer so ernsten Angelegenheit wie dem Tod mit Humor begegnen? Ich finde, man darf nicht nur, man soll! Seit jeher haben Christinnen und Christen – zum Beispiel mit dem traditionellen Osterlachen – dem Tod ins Gesicht gelacht. Man erzählte sich zu Ostern Witze, um deutlich zu machen, dass Lachen und Leben und nicht Trauer und Tod das letzte Wort haben. Schließlich ist es die urchristliche Hoffnung, dass das Leben nicht mit dem Tod endet, sondern dass vielmehr Jesus den Tod besiegt hat und deshalb auch wir bei Gott ewig leben.

„Wie ist es dort bei Gott“? werde ich als Pfarrerin bei Trauergesprächen von Hinterbliebenen oft gefragt. Natürlich wissen wir das nicht, aber wir wissen, wie die Bibel diesen Ort beschreibt, den wir Himmel nennen. Sie beschreibt diesen Himmel als Ort, an dem Gott ist, der alle unsere Tränen trocknet. Einen Ort, an dem keine Schwere mehr ist, keine Schmerzen, kein Leid und vor allem keine Abschiede und kein Tod.

Ich selbst stelle mir diesen Himmel als Ort vor, an dem tiefer Friede und große Zufriedenheit herrschen. An dem viel von dem ist, was man zeitlebens geliebt hat, seien das nun ausgedehnte Spaziergänge, Schwimmen in klarem Wasser, Gipfelbesteigungen oder einfach gutes Essen unter Freunden. Und ich stelle mir vor, dass man einander dort endlich ohne Kränkungen, ohne aufgestaute Wut oder Frust begegnet, denn all das Schwere hat dort seine Kraft verloren. Es zählt nicht mehr. Es hat ein Ende gefunden.

Jesus selbst spricht von diesem Himmel als „Haus meines Vaters“ mit vielen Wohnungen, in denen alle Menschen ihren Platz finden. Der englische Geistliche Henry Scott Holland hat diese Vorstellung aufgenommen und einen Text verfasst, der gern zu Beerdigungen gelesen wird. Da heißt es: „Der Tod ist nichts. Ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen … Ich bin nicht weg, nur auf der anderen Seite des Weges.“

Ich mag die Vorstellung, dass die Verstorbenen nur vorübergehend ausziehen. Dass sie uns erwarten und uns ein Willkommen bereiten, wenn wir uns dann wiedersehen. Daher freue ich mich auch jedes Mal, wenn Menschen sich vor ihrem Tod wünschen, dass ihre Beerdigung nicht als Trauerfeier begangen werden soll, sondern als Fest des Lebens. Ein Fest, zu dem niemand schwarz und Trauer trägt. Ein Fest voll Dankbarkeit für alles, was war und voll Vorfreude auf alles, was kommt. Ein Fest, bei dem zum Tod gelacht wird.

ISSN 2222-2464

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