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Gleichstellungsordnung

Vom 7. Dezember 2018

ABl. Nr. 218/2018

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Präambel

Die Evangelische Kirche in Österreich sieht sich dem Grundsatz der Gleichstellung und Gleichbehandlung aller Personen verpflichtet, welche die Gemeinschaft der Evangelischen Kirche bilden, insbesondere den Menschen, welche
  • aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung,
  • aufgrund ihrer besonderen Bedürfnisse,
  • aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit
einer Diskriminierung ausgesetzt sind. Sie setzt sich mit dieser Ordnung zum Ziel, in der Evangelischen Kirche in Österreich Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsdefizite aufzuzeigen und zu beseitigen sowie aufgetretene Diskriminierungen einer satzungsgemäßen Behandlung zuzuführen.
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I.
Geltungs- und Anwendungsbereich

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§ 1

( 1 ) Dieses Kirchengesetz findet in sämtlichen Einrichtungen der Evangelischen Kirchen in Österreich sowie in allen kirchlichen Werken und Gemeinschaften Anwendung. Sie gilt für alle haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und darüber hinaus für alle Menschen, welche den Evangelischen Kirchen durch ihre Mitgliedschaft angehören oder durch Besuche, Mitwirkung oder Mitgestaltung ihre Zugehörigkeit zur Kirche zum Ausdruck bringen.
( 2 ) Von der gegenständlichen Ordnung bleiben die staatlichen Gesetze und EU-rechtlichen Bestimmungen zur Gleichbehandlung unberührt.
( 3 ) Allfällige in Kirchengesetzen, Kirchenverordnungen oder in Synodenbeschlüssen verfasste Bestimmungen gehen den Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsbestimmungen dieser Ordnung vor.
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II.
Gleichstellungs- und Gleichbehandlungsgebot, Diskriminierungsverbot

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§ 2

( 1 ) Die von dem Geltungsbereich dieser Ordnung erfassten Personen stellen sich unter das Gebot der Gleichbehandlung und Gleichstellung innerhalb der Evangelischen Kirche.
( 2 ) Den Personalentscheidungen einschließlich der Stellenausschreibungen und der Stellensuche zu haupt-, neben- und ehrenamtlicher Mitarbeit sind vorrangig fachliche und persönliche Eignungsanforderungen aber auch kirchlich begründete, personenbezogene Überlegungen zugrunde zu legen. Dabei sind die in dieser Ordnung verankerten Grundsätze der Gleichbehandlung und der Gleichstellung zu beachten. Zulässig sind Ausnahmen von dem Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsgebot in Bezug auf die Religions- und Konfessionszugehörigkeit bei der Besetzung von Positionen in den Kernbereichen der Evangelischen Kirche.
( 3 ) Schutzbereiche der Gleichstellungsordnung sind insbesondere:
  1. alle Modalitäten bzw. Ausgestaltungen einer haupt-, neben- oder ehrenamtlichen Tätigkeit;
  2. die Umgangs-, Begegnungs- und Kommunikationsformen der für die Kirche handelnden Personen nach innen und nach außen.
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§ 3

( 1 ) Das Diskriminierungsverbot erfasst jede Handlung, welche mit oder ohne benachteiligende Auswirkung auf die betroffene Person das Gebot der Gleichstellung und Gleichbehandlung verletzt.
( 2 ) Eine Diskriminierung ist auch jede sexuelle Belästigung oder jegliche Form des Mobbings. An diesbezüglich wahrgenommene Handlungen knüpft sich für kirchlich verantwortliche Personen die Verpflichtung zur Mitteilung an die zuständigen kirchlichen Stellen.
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III.
Einrichtungen für die Behandlung
von Gleichstellungs- und Gleichbehandlungsfragen

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Die Gleichstellungskommission

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§ 4

( 1 ) Für die Behandlung von Gleichstellungs- und Gleichbehandlungsfragen wird die Gleichstellungskommission eingerichtet. Diese besteht, einschließlich der bzw. des Gleichstellungsbeauftragten, aus fünf Mitgliedern.
( 2 ) Die Bestellung von vier Mitgliedern der Gleichstellungskommission erfolgt durch die Kirchenpresbyterien A.B. und H.B. in gemeinsamer Sitzung. Die Bestellung erfolgt aus dem Kreis der von den nachgenannten Organisationen, nämlich der bzw. dem
  • Evangelischen Frauenarbeit,
  • Verein Evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer in Österreich (VEPPÖ),
  • ARGE der Evangelischen Theologinnen,
  • ARGE Evangelischer Bildungswerke,
  • ARGE Religionslehrer und Religionslehrerinnen an Pflichtschulen,
  • ARGE Religionslehrer und Religionslehrerinnen an höheren Schulen,
  • Diakonie Österreich,
  • LSM Plattform lesbischer, schwuler und bisexueller haupt- und ehrenamtlicher Mitarbeiter/innen in der Evangelischen Kirche in Österreich
dem Bestellungsorgan vorgeschlagenen vier Personen. Die nähere Regelung zum Vorschlagsverfahren regelt eine Geschäftsordnung der Gleichstellungskommission, welche zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung durch die Kirchenpresbyterien A.B. und H.B. in gemeinsamer Sitzung bedarf. In dieser Geschäftsordnung kann die Anzahl und die Auswahl der Organisationen, welchen ein Vorschlagsrecht zuerkannt wird, vergrößert, verkleinert oder geändert werden.
( 3 ) Die/Der Gleichstellungsbeauftragte wird von den Kirchenpresbyterien A.B. und H.B. in gemeinsamer Sitzung nach eigenständiger Auswahl bestellt.
( 4 ) Die Gleichstellungskommission bestellt aus ihrer Mitte eine Vorsitzende bzw. einen Vorsitzenden.
( 5 ) Die Bestellung der Mitglieder der Gleichstellungskommission erfolgt für die Zeitdauer der jeweils laufenden Gesetzgebungsperiode der Generalsynode. Im Falle des Ausscheidens eines Mitglieds der Gleichstellungskommission erfolgt die Nachbestellung entsprechend den für die Neubestellung gemäß Abs. 2 und Abs. 3 erfolgten Festlegungen.
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§ 5

( 1 ) Die Mitglieder der Gleichstellungskommission sind weisungsfrei. Die/Der Gleichstellungsbeauftragte übt ihre bzw. seine Tätigkeit im Rahmen einer Teilzeitanstellung aus, die Tätigkeit der Mitglieder der Gleichstellungskommission erfolgt ehrenamtlich.
( 2 ) Die Gleichstellungskommission kann zur Beratung und Erledigung einzelner Aufgaben Experten beiziehen. Diesen kommt kein Stimmrecht zu.
( 3 ) Die Gleichstellungskommission ist angewiesen, die Ergebnisse ihrer Tätigkeit allen Organisationen, welche mit Gleichstellungs- und/oder Gleichbehandlungsfragen befasst sind, jedenfalls aber den in § 4 Abs. 2 genannten Organisationen, bekanntzugeben und von diesen eingebrachte Anfragen und Anliegen zu bearbeiten.
( 4 ) Der Gleichstellungskommission werden im Bereich des Evangelischen Zentrums in Wien Räumlichkeiten für Sitzungen zur Verfügung gestellt. Sämtliche Kosten für den Sachaufwand der Gleichstellungskommission werden von der Evangelischen Kirche A.u.H.B. getragen.
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Aufgaben der Gleichstellungskommission

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§ 6

( 1 ) Zu den Aufgaben der Gleichstellungskommission zählen insbesondere folgende Tätigkeiten:
  1. Die Beratung und der Informationsaustausch in Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsfragen sowie in Fragen der Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten;
  2. Beratung und Behandlung der von der bzw. dem Gleichstellungsbeauftragten an die Gleichstellungskommission herangetragenen Problemfälle entsprechend ihrer Zuständigkeit;
  3. Erstellung, allenfalls Veröffentlichung von Berichten, Stellungnahmen und Grundsatzpapieren zu Gleichbehandlungs-, Gleichstellungs- und Diskriminierungsfragen;
  4. Beratung zur Diversität als Ressource und gezielter Einsatz von Menschen entsprechend ihrer unterschiedlichen Fähigkeiten für die vielfältigen Aufgaben der Evangelischen Kirchen;
  5. Durchführung von Untersuchungen zum Thema Diskriminierung innerhalb der Evangelischen Kirche;
  6. Einleitung und Durchführung von Verfahren gemäß § 12;
  7. Beschlussfassung einer Geschäftsordnung;
  8. allgemeine Öffentlichkeitsarbeit;
  9. Kooperation und Kommunikation mit kirchlichen Stellen;
  10. Berichterstattung im Rahmen der Generalsynode;
  11. Ausarbeitung eines Budgetvorschlages.
( 2 ) Der/Die Vorsitzende der Gleichstellungskommission hat mindestens zweimal jährlich eine Sitzung einzuberufen.
( 3 ) Die Gleichstellungskommission hat der Generalsynode einen schriftlichen Bericht vorzulegen und ist ihr die Möglichkeit einzuräumen, in der Generalsynode hierüber zu referieren.
( 4 ) Auf ausdrückliches Verlangen des bzw. der Gleichstellungsbeauftragten hat der/die Vorsitzende eine binnen vierzehn Tagen stattfindende außerordentliche Sitzung einzuberufen.
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Anhörungsrecht der Gleichstellungskommission

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§ 7

Die Vorsitzenden der Ausschüsse und Kommissionen der Synoden und der Kirchenpresbyterien A.B. und H.B. sind angehalten, bei Beratung von Angelegenheiten, welche Fragen der Gleichstellung und Gleichbehandlung gemäß dieser Ordnung betreffen, Stellungnahmen der Gleichstellungskommission einzuholen.
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Der/Die Gleichstellungsbeauftragte

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§ 8

( 1 ) Der/Die Gleichstellungsbeauftragte wird von der Evangelischen Kirche A.B. angestellt, wobei sämtliche Kosten für den Arbeits- sowie den Sachaufwand von der Evangelischen Kirche A.u.H.B. getragen werden.
( 2 ) Der/Die Gleichstellungsbeauftragte steht für Anfragen per E-Mail bzw. nach Vereinbarung auch persönlich zur Verfügung.
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Aufgabenbereich der/des Gleichstellungsbeauftragten

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§ 9

Zu den Aufgaben der bzw. des Gleichstellungsbeauftragten zählen insbesondere:
  1. Juristische Beratungs- und Vermittlungstätigkeit im Zusammenhang mit Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsanfragen;
  2. Beratung im Zusammenhang mit einer geltend gemachten Diskriminierung;
  3. Beratung und Einleitung entsprechender innerkirchlich festgelegter Schritte in Fällen geltend gemachter sexueller Belästigung oder von Mobbing.
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Rechte und Pflichten der/des Gleichstellungsbeauftragten

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§ 10

( 1 ) Der/Die Gleichstellungsbeauftragte hat im Rahmen seiner bzw. ihrer Tätigkeit ein Auskunftsrecht gegenüber sämtlichen kirchlichen Einrichtungen, wobei eine Einsichtnahme in Personaldokumente nur mit Zustimmung des jeweils Betroffenen zulässig ist.
( 2 ) Der/Die Gleichstellungsbeauftragte hat in den Sitzungen der Gleichstellungskommission jeweils Bericht zu erstatten.
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IV.
Verschwiegenheit

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§ 11

( 1 ) Die Mitglieder der Gleichstellungskommission sind im Rahmen ihrer Tätigkeit zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Verpflichtung betrifft nicht nur die Beratungen im Gremium, sondern bezieht sich auf alle personenbezogenen Informationen, von denen die Mitglieder Kenntnis erlangen. Die Verschwiegenheitspflicht besteht auch über die Beendigung der Tätigkeit hinaus.
( 2 ) Mit Zustimmung der betroffenen Personen kann der bzw. die Gleichstellungsbeauftragte von der Verschwiegenheitspflicht gegenüber der Gleichstellungskommission oder gegenüber namentlich genannten Personen entbunden werden.
( 3 ) Berichte der bzw. des Gleichstellungsbeauftragten werden in anonymisierter Form vorgelegt, ausgenommen bei erfolgter Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht.
( 4 ) Bei Vorliegen eines strafgesetzlich relevanten Tatbestandes hat der bzw. die Gleichstellungsbeauftragte den Vorsitzenden bzw. die Vorsitzende der Gleichstellungskommission und die zur kirchlichen Aufsicht verpflichtete Person unter Offenlegung der von dem Vorwurf betroffenen Personen unverzüglich zu informieren.
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V.
Verfahrensregeln

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§ 12

( 1 ) Allgemeine Anfragen in Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsfragen sind an den Vorsitzenden bzw. die Vorsitzende der Gleichstellungskommission zu richten, konkrete Anfragen und Beschwerden an den Gleichstellungsbeauftragten bzw. die Gleichstellungsbeauftragte.
( 2 ) Kann die Erledigung von konkreten Anfragen und Beschwerden unmittelbar durch den Gleichstellungsbeauftragten bzw. die Gleichstellungsbeauftragte erfolgen, so hat dieser bzw. diese ein Erledigungsprotokoll zu erstellen und der Gleichstellungskommission im Rahmen der Sitzungen zu berichten.
( 3 ) Ist eine Erledigung ohne Beratung mit der Gleichstellungskommission nicht möglich, kann der bzw. die Gleichstellungsbeauftragte in dringenden Fällen die Einberufung einer Sitzung der Gleichstellungskommission beantragen oder die Beschwerde im Rahmen der nächsten ordentlichen Sitzung diesem Gremium vorlegen.
( 4 ) Zielsetzung für die Tätigkeit des bzw. der Gleichstellungsbeauftragten ist die Unterstützung bei der Konfliktlösung unter Aufzeigen der aus dieser Ordnung abgeleiteten Antidiskriminierungspositionen.
( 5 ) Kann eine Erledigung der Angelegenheit nicht herbeigeführt werden bzw. werden die vorgelegten Lösungsvorschläge von den betroffenen Personen nicht akzeptiert, ist der Fall abzuschließen bzw. zurückzulegen, es sei denn, die betroffene Person verlangt die Weiterleitung an die in der jeweiligen Angelegenheit zuständige Kirchenstelle.
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Übergangsbestimmungen

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§ 13

( 1 ) Die gegenständliche Gleichstellungsordnung tritt mit dem Tag der Beschlussfassung durch die Generalsynode in Kraft.
( 2 ) Bis zur Konstituierung der Gleichstellungskommission gemäß § 4 behalten die bisherigen Einrichtungen gemäß der Gleichstellungsordnung 2003 in der Fassung der Novelle 2009 ihre Geltung und die bisherigen Mitglieder ihre Funktionen in der Gleichstellungskommission.