05.12.2021

Wozu Menschenrechte?

Maria Katharina Moser über unsere Verletzlichkeit

"Wir spüren die Verletzlichkeit nicht in allen Momenten unseres Lebens. Aber wenn wir in eine Situation kommen, in der wir verletzlich sind oder verletzt werden, dann brauchen wir die Menschenrechte." Foto: wikimedia/Manfred Werner/cc by sa 4.0

Maria Katharina Moser über unsere Verletzlichkeit

Kommende Woche, am 10. Dezember, ist der Internationaler Tag der Menschenrechte, Gedenktag der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen im Jahr 1948. Das ist lange her und fühlt sich weit weg an. Immer wieder höre ich die Frage: Was haben die Menschenrechte mit mir zu tun?

Der Eindruck, dass die Menschenrechte wenig mit uns zu tun haben, kommt daher, dass die mediale Berichterstattung über Menschenrechte häufig internationale Fragen in den Vordergrund rückt und Themen wie politische Gefangene, Folter oder Asyl aufgreift. Doch die Menschenrechte schützen uns alle. Jeden und jede einzelne von uns. Wenn wir demonstrieren wollen, schützt uns das Recht auf Meinungsfreiheit, wenn wir konvertieren wollen, schützt uns das Recht auf Religionsfreiheit. Wenn wir angezeigt werden, schützt uns das Recht auf ein faires Verfahren. Wenn wir krank werden, schützt uns das Recht auf Gesundheit. Wenn uns Arbeitgeber willkürlich behandeln, schützt uns das Recht auf gleichen Lohn und Erholung.

Die Verletzlichkeit des Menschen ist der Grund, warum die Menschenrechte für alle Menschen und für jeden einzelnen gelten sollen, sagt der Theologe und Ethiker Peter Kirchschläger. Dabei geht es nicht nur um so genannte vulnerable Gruppen wie zum Beispiel Kinder oder Menschen mit Behinderung. Jeder Mensch ist verletzlich. Auch diejenigen, die zu den Mächtigen gehören, und die, die sich selber für stark halten.

Dieser Gedanke passt gut in den Advent, in diese Zeit, in der wir warten auf die Ankunft Gottes in dieser Welt. Gott kommt als Kind, in Windeln gewickelt in einer Krippe liegend. Ein Neugeborenes – so klein, so verletzlich und angewiesen auf andere, die es umsorgen und beschützen. Die Menschwerdung Gottes erzählt, wer der Heiland ist – und was zum Menschsein gehört: Wir Menschen sind verletzliche Wesen. Als leibliche Wesen sind wir schmerzempfindlich. Als emotionale Wesen sind wir seelisch verletzbar. Als politische Wesen können wir ausgeschlossen und unsere Rechte können verletzt werden. Als soziale Wesen sind wir von anderen Menschen abhängig.

Wir spüren die Verletzlichkeit nicht in allen Momenten unseres Lebens. Aber wenn wir in eine Situation kommen, in der wir verletzlich sind oder verletzt werden, dann brauchen wir die Menschenrechte. Jede und jeder von uns. Deshalb sollten wir uns für die Menschenrechte aller Menschen einsetzen. Und deshalb ist der 10. Dezember ein wichtiger Gedenktag.

ISSN 2222-2464

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Menschenrechte | Moser

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