01.05.2022

Wo Leben leben kann

Maria Katharina Moser über den Diakoniesonntag 2022, der Klimagerechtigkeit ins Zentrum rückt.

Der Diakoniesonntag lädt ein, Bilder von einer Welt, in der Leben leben kann, zu zeichnen und zu überlegen, welche Schritte wir setzen können, um eine solche Welt zu gestalten. Grafik: diakonie.at

Maria Katharina Moser über den Diakoniesonntag 2022, der Klimagerechtigkeit ins Zentrum rückt.


„Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ Das sagt die Bibel im so genannten ersten Schöpfungsbericht über die von Gott geschaffene Welt. Schauen wir auf die Welt, in der wir leben, dann sehen wir verdorrte Felder, abgebrannte Wälder, durch Überschwemmungen weggespülte Hänge, abgeschmolzene Gletscher, Abgase, die den Himmel verdunkeln. Die Klimakrise hat die Erde fest im Griff. Nichts ist gut.

Was also erzählt die Bibel da? Die Bibel erzählt von der Welt, wie sie von Gott gemeint und gewollt ist. Von der Welt im Idealzustand. Von der Welt als einem Ort, wo Leben leben kann.

„Wo Leben leben kann“ ist das Motto des Diakoniesonntags, den evangelische Pfarrgemeinden alljährlich am zweiten Sonntag nach Ostern feiern. So auch heute. Heuer, im „Jahr der Schöpfung“, das die evangelischen Kirchen ausgerufen haben, steht auch am Diakoniesonntag die Klimagerechtigkeit im Zentrum. Die Bewahrung der Schöpfung beginnt mit einer Vision: der Vision von einer Welt, die gut ist. Der Diakoniesonntag ladet ein, Bilder von einer Welt, in der Leben leben kann, zu zeichnen und zu überlegen, welche Schritte wir setzen können, um eine solche Welt zu gestalten.

Ruth Oberhuber – sie ist Schriftstellern und Schauspielerin, Klientin der Diakonie und lebt mit dem Downsyndrom – entwickelt in ihrem Gedicht „Beobachtungen aus dem Leben und aus der Natur“ eine solche Vision: „Der weinende Baum zeigt mutig seine offenen Seiten. Berührt man ihn, spürt er, dass wir ihn lieben. Der Baum steht zwischen Himmel und Erde fest verwurzelt in der Mitte. Der singende Baum singt für sein Leben gerne in der Nacht, wenn die Sterne zu glitzern anfangen. Die Menschen sollen lebendige Bäume sein. Ich wünsche mir, dass die Politik ein fester Baum bleibt, auch wenn Stürme gehen.“

Ruth Oberhuber beschreibt im Bild des Baumes die enge Verbindung zwischen Mensch und Natur. Sie führt uns vor Augen: Wer die Schönheit der Schöpfung sieht, will in einer solchen Welt wohnen. Wer ihre Verletzlichkeit sieht, sieht sich in die Verantwortung gerufen. Wen die Sehnsucht nach einer Welt, in der Leben leben kann, packt, will an ihr mitbauen. Mögliche Bausteine beschreiben die Klima-Aktivisten Vincent-Immanuel Herr und Martin Speer in ihrem Buch “Europe for future. 95 Thesen, die Europa retten – was jetzt geschehen muss“. Sie schlagen zum Beispiel vor, dass für jeden Menschen, der in Europa geboren wird, ein Baum gepflanzt wird. So soll der Anteil der bewaldeten Flächen in der EU von 42 auf 50 Prozent angehoben und dafür gesorgt werden, dass CO2 gebunden und die Klimakatastrophe gedämpft wird.

Die Menschen sollen lebendige Bäume sein.

 

ISSN 2222-2464

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