08.03.2006

Wirtschaft im Dienst des Lebens bei der Evangelischen Woche

„Endlich erwachsen werden und Verantwortung übernehmen“

„Endlich erwachsen werden und Verantwortung übernehmen“

Wien (epd Ö) – „Wir müssen endlich erwachsen werden, denn auch wir tragen Verantwortung für die Weltwirtschaftsordnung“, sagte Pfarrer Mag. Norman Tendis in seinem Vortrag „WirtschaftsRäume – Wirtschaft im Dienst des Lebens“ bei der Evangelischen Woche am Dienstag in Wien. Tendis, seit 2002 Beauftragter für „Wirtschaft im Dienst des Lebens“ der Evangelischen Kirche, betonte die Vorbildfunktion der Kirchen und der Christen: „Das gegenwärtige Weltwirtschaftssystem ist ein Skandal. Aber es ist ein genauso großer Skandal, dass wir darüber so wenig wissen.“ Das Wirtschaftssystem produziere immer tiefere Abhängigkeiten der ärmeren Länder des Südens von den reichen Ländern des Nordens: „Sieben von zehn Kindern, die verhungern, stammen aus Ländern, die Nahrungsmittel exportieren. Zugleich besitzen die drei reichsten Menschen der Welt gemeinsam ein Vermögen wie die 48 ärmsten Länder zusammen.“

Wie ein Fußballspiel auf schiefer Ebene

Die neoliberale Ideologie, je freier der Markt, desto besser gehe es allen, stimme eben nur teilweise: „Verabsolutiert man diese Ideologie, ist das wie ein Fußballspiel auf einer schiefen Ebene, bei der eine Mannschaft immer bergauf spielen muss. Sie ist dann chancenlos.“ Es gehöre zur prophetischen Dimension der Kirche, hier politisch zu agieren: „Das meint keine Parteipolitik, sondern politisches Engagement aufgrund des biblischen Zeugnisses: Jesus Christus solidarisiert sich nicht nur mit den Ärmsten, sondern er identifiziert sich mit ihnen.“

Tendis stellte ein „10 Punkte Programm“ vor, mit dem Christen mit dem Thema Armut und gerechtes Wirtschaften kundig werden und Veränderungen bewirken können. Als Wichtigstes nannte Tendis regelmäßige Bildungsveranstaltungen: „Wir müssen kundig werden und uns ständig mit dem Thema befassen. So werden wir unserer Vorbildfunktion in der Gesellschaft gerecht.“ Gefordert sei beispielsweise auch ein Sozialprojekt in der Pfarrgemeinde, das sozial schwache Menschen unterstützt und ihnen auch ein Forum zum gegenseitigen Austausch biete. Tendis betonte, dass es selbstverständlich sein sollte, dass in Pfarrgemeinden ausschließlich fair gehandelte Produkte wie Kaffee oder Tee konsumiert werden sollten. Ebenso könne ein Weltladenstand diese Waren in einer Gemeinde vertreiben: „Ich ermutige Sie, mit Ihrer Pfarrgemeinde die Vorreiterfunktion einzunehmen, denn die steht uns Christinnen und Christen zu.“

Beeindruckt zeigte sich der Wiener Superintendent Mag. Hansjörg Lein von dem Vortrag: „Ein wichtiger Abend, um in dieses Thema einzusteigen. Wir haben da einen jahrzehntelangen Nachholbedarf.“ Dieser soll nun, zumindest in der Wiener Diözese, aufgeholt werden: Bei der nächsten Pfarrkonferenz wird Norman Tendis referieren. Weitere Informationen zu Wirtschaft im Dienst des Lebens gibt es auf www.evang.at oder direkt bei Norman Tendis: abezna.graqvf@arg4lbh.ng.

ISSN 2222-2464

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