15.12.2004

Wien: Kostenloser Kulturpass für Bedürftige

Initiative "Hunger auf Kunst und Kultur" ermöglicht bedürftigen Interessierten seit einem Jahr Besuche in Theatern, Museen und Kinos

Initiative „Hunger auf Kunst und Kultur“ ermöglicht bedürftigen Interessierten seit einem Jahr Besuche in Theatern, Museen und Kinos

Wien (epd Ö) – Zu einem erfolgreichen Projekt hat sich in Wien ein kostenloser „Kulturpass“ für Bedürftige entwickelt. Seit einem Jahr ermöglicht die Initiative „Hunger auf Kunst und Kultur“, gemeinsam getragen von der „Armutskonferenz“ und dem Wiener Schauspielhaus, bedürftigen Interessierten Besuche in Theatern, Museen und Kinos. Aus diesem Anlass zogen die Initiatoren und weitere Kulturträger im Raum Wien, die sich dieser Aktion angeschlossen haben, bei einem Pressegespräch am Dienstag im „Würfel“, einem Wiener Beratungsscafé für Erwerbslose, eine positive Bilanz. Das Echo sei sowohl bei der Zielgruppe als auch bei Kultureinrichtungen groß und weiter im Wachsen begriffen, so der künstlerische Leiter des Schauspielhauses und Mit-Initiator, Airan Berg.

Mit einem speziell für die Aktion „Hunger auf Kunst und Kultur“ geschaffenen „Kulturpass“ können Bedürftige mittlerweile auch Veranstaltungen in der Wiener Volksoper, in der Kunsthalle Wien, der Klosterneuburger Sammlung Essl, im Literatur-Treffpunkt Alte Schmiede, im „Dschungel Wien“ und im „Cinemagic Kinderkino“ besuchen.

Risiko eines sozialen Absturzes deutlich gestiegen

74.000 Wienerinnen und Wiener sind laut Martin Schenk von der „Armutskonferenz“ von akuter Armut betroffen. Sieben Prozent der Wiener Wohnbevölkerung könnten abgetragene Kleidung nicht durch neue ersetzen oder ihre Räumlichkeiten im Winter nicht ausreichend heizen. Das Risiko eines sozialen Absturzes sei in den letzten Jahren deutlich gestiegen, kritisierte Schenk den „mangelnden politischen Willen zur Armutsbekämpfung“. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger habe sich seit 2001 verdoppelt. Da Armut immer auch eine soziale Stigmatisierung bedeute, sei es wichtig, z.B. bedürftigen Alleinerzieherinnen oder Langzeitarbeitslosen Zugänge zu Kunst und Kultur zu ebnen, die ihnen sonst aus Kostengründen verwehrt blieben.

Wie Airan Berg berichtete, nutzten von Jänner bis Mitte Dezember fast 350 Personen den „Kulturpass“ für Aufführungen im Schauspielhaus – Tendenz steigend. Und das Modell werde zum Exportartikel: Das Zürcher Theater am Neumarkt führe ebenfalls eine Aktion „Hunger auf Kunst und Kultur“ durch, in Frankfurt sei Ähnliches in Planung.

Finanziert wird die Aktion durch Spenden von Privatpersonen, Institutionen oder Firmen. Erhältlich ist der „Kulturpass“ u.a. bei der Armutskonferenz, der Caritas Wien, der Diakonie, beim AMS Wien und bei der Volkshilfe. (Informationen: www.armutskonferenz.at )

ISSN 2222-2464

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