27.09.2006

Wien: Christen und Muslime luden zum ersten Tag des Dialogs

Komplimente und Kontroversen - Religionsvertreter sprachen sich für Bereitschaft zum Dialog aus

Komplimente und Kontroversen – Religionsvertreter sprachen sich für Bereitschaft zum Dialog aus

Wien (epd Ö – epw) – Zu einem „Tag des Dialoges“ zwischen den Religionen hat am Freitag die „Plattform Christen und Muslime“ gemeinsam mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) aufgerufen. Am Josefsplatz in der Wiener Innenstadt sprachen Vertreter der Katholischen und der Evangelischen Kirche sowie der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) und betonten die Bereitschaft zum Dialog zwischen Christentum und Islam. Der Wiener Superintendent Mag. Hansjörg Lein erklärte, dass er „in den Dialog und vor allem – was noch mehr wäre – in die Begegnung von konkreten Menschen, von Schülerinnen und Schülern große Hoffnung“ setze. Als Beispiel nannte er den interreligiösen SchülerInnenkalender, der ein gelebtes Zeichen für das Miteinander der Religionen in Wien zeige.

Der für Weltreligionen in der Bischofskonferenz zuständige Weihbischof Dr. Helmut Krätzl dankte IGGiÖ-Präsident Dr. Anas Schakfeh, dass er diese jüngste Dialoginitiative ergriffen habe. Die Veranstaltung sei „ein Zeichen, dass die Religionen in Österreich dialogfähig sind“. Er sei zuversichtlich, dass man die nach der Papst-Rede in Regensburg entstandenen Irritationen ausräumen könne, hob Krätzl hervor. Schakfeh betonte: „Wenn der Glaube Gewalt rechtfertigt, ist der Glaube zu verurteilen.“ Der Islam rechtfertige keine Gewalt. „Wir hören da oder dort von Gruppen, die anders denken und Unruhe stiften“, sagte der Präsident. Die überwiegende Mehrheit der Muslime sei aber gegen diese Ansicht.

Gegen Missbrauch von Religion

Dr. Paul Schulmeister von der Plattform „Christen und Muslime“ sagte: „Es gibt ein christliches Österreich, ein islamisches Österreich, ein jüdisches Österreich, ein agnostisches Österreich, ein buddhistisches Österreich.“ Dem Missbrauch von Religion sei deshalb entgegenzutreten, so Schulmeister. Carla Amina Baghajati, Medienreferntin der IGGiÖ, verwies darauf, dass sich derzeit viele Menschen Sorgen machten und „sich betroffen fühlen“, etwa wenn sie „an jeder zweiten Straßenecke“ den Spruch „Daham statt Islam“ lesen würden. Es brauche vielmehr gegenseitiges Verständnis und Respekt füreinander. „Wir können alle nur gewinnen, wenn wir ehrlich miteinander ins Gespräch kommen“, so Baghajati.

Die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreichs (KAÖ), Dr. Luitgard Derschmidt, sprach sich gegen jede Polarisierung aus. Es gelte, jene Kräfte zu stärken, die sich für Gespräch und Verständigung einsetzen. Entschieden wandte sich Derschmidt gegen Versuche, die Religion für Ausländerfeindlichkeit im Wahlkampf zu instrumentalisieren.

Univ.-Prof. Dr. Susanne Heine von der Evangelisch-Theologischen Fakultät Wien und Mitglied der Plattform „Christen und Muslime“ verwies auf „verschiedene Orte des Dialogs“. Die Voraussetzung, sich zu verständigen, sei der Wille dazu. Es mache keinen Sinn, auf beiden Seiten mit Schriftzitaten zu argumentieren.

Kontrovers wurde die Diskussion, als ein Mann aus dem Publikum auf die Bühne gebeten wurde, um eine Frage zu stellen. Er meinte: „Es hat keinen Sinn, gegenseitig schöne Worte zu sprechen, aber die Wahrheit liegt woanders.“ Er gab zu bedenken, dass im Koran erlaubt werde, jemanden zu töten, der vom rechten Glauben abfalle oder das dort vom „Töten im Namen Allahs“ die Rede sei. Die IGGiÖ-Vertreter widersprachen heftig. „Lest den ganzen Vers“, appellierte Mouhannad Khorzhide, Assistent an der Uni Wien und Imam. Er zitierte andere Koranstellen, wonach es „keinen Zwang im Glauben“ gebe. Die Diskussion wurde abseits der Bühne fortgesetzt. Vor Fernsehkameras diskutierte der kritische Fragesteller schließlich mit Amir Zaidan vom Wiener Islamischen Religionspädagogischen Institut. Während der Kritiker die Unvereinbarkeit von Islam und Demokratie behauptete und für eine Säkularisierung eintrat, konterte Zaidan: „Wir sind für Demokratie und Menschenrechte.“ Einigen konnten sich beide lediglich darauf, dass ein kritisch geführter Dialog von großer Bedeutung sei.

Friedensgebet in Villach

Auch in Kärnten trafen sich am Freitag Christen und Muslime. Sie beteten am Abend auf dem Villacher Rathausplatz gemeinsam um Frieden. Eingeladen waren alle Mitglieder der christlichen Kirchen und Muslime aus Villach und Umgebung.

ISSN 2222-2464

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