Wider die Propheten des Todes
Michael Chalupka würdigt den Baptistenpastor Arnold Köster
Michael Chalupka würdigt den Baptistenpastor Arnold Köster
In der kleinen christlichen Gemeinde der Baptisten in der Wiener Mollardgasse geschah vor mehr als 80 Jahren Erstaunliches. Mitten in der Zeit der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft war dort eine Stimme zu vernehmen, die vor dem Ungeist mahnte und über den Antichrist predigte, der auch für den unbedarften Zuhörer unschwer als der Führer zu erkennen war. Dort wurde auch nicht für den Sieg des Dritten Reiches gebetet, sondern für die Opfer des Krieges, egal auf welcher Seite. Und es wurde Stellung gegen den grassierenden Rassismus bezogen. „Der Heilige Geist zeigt uns im Menschen den Bruder … Was bedeuten ihm soziale und rassische Unterschiede! Sie sind allzumal Einer in Christo“, war dort zu hören.
All das blieb nicht unbemerkt. Die Gottesdienste, in denen der Pastor der Baptistengemeinde predigte, fanden jeden Sonntag zweimal statt und waren gut besucht. 300 Gläubige feierten mit. Die Predigten wurden mitstenographiert, abgetippt und verbreitet. Unter den Besuchern und Besucherinnen waren wohl auch Agenten der Gestapo. Arnold Köster wurde mehrmals verhört, blieb aber wie durch ein Wunder bewahrt.
Am Freitag, 13. September, wurde für ihn in der Mollardgasse eine Gedenktafel enthüllt – als Zeugnis dafür, dass hier einer konsequent und mutig Stellung bezogen hat für das Leben mitten in einer Zeit, in der die Propheten des Todes meinten, das letzte Wort zu haben. Als Mahnung und Ermutigung für uns heute.
ISSN 2222-2464