28.08.2008

Weisz: Stehen erst am Anfang des christlich-jüdischen Dialogs

Bei der PfarrerInnentagung in Mörbisch sprach der Vizepräsident des christlich-jüdischen Koordinierungsausschusses über Fortschritte und Hemmnisse im Gespräch zwischen den Religionen

Bei der PfarrerInnentagung in Mörbisch sprach der Vizepräsident des christlich-jüdischen Koordinierungsausschusses über Fortschritte und Hemmnisse im Gespräch zwischen den Religionen

Mörbisch (epd Ö) – „Es ist heute noch zu früh, über Ergebnisse des christlich-jüdischen Dialogs zu sprechen. Wir stehen erst am Anfang“, erklärte der Vizepräsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Dr. Willy Weisz, am Donnerstag, 28. August, bei der gesamtösterreichischen Tagung der evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrer im burgenländischen Mörbisch. Nach den Katastrophen während des Nationalsozialismus, die auch die Theologie mitverursacht habe, sei es Jüdinnen und Juden schwergefallen, sich auf einen Dialog einzulassen. Wissenschaftlich beschäftige man sich mit dem Dialog auf jüdischer Seite erst seit kurzem, nach wie vor stoße dieser innerhalb des Judentums auf Widerstand. „Oft fehlt es beim nichtjüdischen Gesprächspartner an Wissen über das Judentum, das für so einen Dialog unerlässlich ist“, bemerkte Weisz. In manchen Kreisen werde das Gespräch auch „nicht auf gleicher Augenhöhe“ geführt. Weisz: „Manche haben uns zwar lieb, meinen aber, uns beweisen zu müssen, dass wir Unrecht haben.“

Aktuelles Hemmnis im Dialog sei natürlich auch das Thema „Judenmission“, das zuletzt durch die Diskussion um die römisch-katholische Karfreitagsfürbitte neuen Aufwind erlebt habe. Wenn sich der Dialog weiterhin positiv entwickle – Weisz: „Als Jude muss man Optimist sein“ – kann sich der Vizepräsident als zweite Stufe des Gesprächs in ein paar Jahren auch gemeinsame Forderungen an die Gesellschaftspolitik vorstellen. Religionen hätten etwa die gemeinsame Pflicht, gegen die wachsende Entsolidarisierung in der Gesellschaft aufzutreten.

Den theologischen Zugang kenne das Judentum nicht, sagte Weisz. „Wenn wir Gott reduzieren könnten auf das, was wir verstehen, ist er’s nicht mehr.“ Im Judentum gehe es nicht um die Lehre von Gott, sondern um die praktischen Auswirkungen des Glaubens auf das Leben. Die praktischen Fragen stehen auch bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit im AKH im Vordergrund. Dort betreut der Informatiker gemeinsam mit seiner Frau die Synagoge. Hauptanliegen ihrer Arbeit ist, das Pflegepersonal auf die besonderen Bedürfnisse jüdischer PatientInnen aufmerksam zu machen.

Vor der Gesprächsrunde mit den evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrern hat Weisz gemeinsam mit Dr. Markus Himmelbauer, dem Geschäftsführer des Koordinierungsausschusses, in einer Bibelarbeit zum Begriff der Nächstenliebe auf antisemitische Stereotype im christlichen Bibelverständnis hingewiesen. Ihren Abschluss fand die viertägige PfarrerInnentagung – sie beschäftigte sich in diesem Jahr mit dem Verhältnis zwischen Christen und Juden – mit einem Gebet in einem Mörbischer Weinberg, das Bischof Michael Bünker gestaltete.

ISSN 2222-2464

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