Vor 475 Jahren wurde Jakob Hutter in Innsbruck verbrannt
Superintendentin Müller: "Notwendiges Aufarbeiten einer unseligen Vergangenheit"
Superintendentin Müller: „Notwendiges Aufarbeiten einer unseligen Vergangenheit“
Innsbruck (epd Ö) – Mit einer Gedenkfeier, an der die evangelisch-lutherische Superintendentin von Salzburg und Tirol, Luise Müller, und der römisch-katholische Diözesanbischof Manfred Scheuer teilnahmen, wurde am Dienstagabend, 1. März, an den 475. Todestag des Reformators Jakob Hutter (1500-1536) erinnert. Jakob Hutter, der Gründer der auch „Wiedertäufer“ oder „Hutterer“ genannten religiösen Gemeinschaft, wurde vor 475 Jahren am 25. Februar vor dem Goldenen Dachl in Innsbruck als Ketzer verbrannt. Die Täuferbewegung hatte damals aufgrund der sozialen, politischen und kirchlichen Missstände radikale Reformen eingemahnt und wurde dafür brutal verfolgt. Etwa 45.000 Nachfahren der damaligen Opfer leben heute in den USA und Kanada.
„Unrecht, das geschehen ist, muss auch als solches benannt und bedauert werden. Diese Buße ist unverzichtbar, und wir hoffen auf Versöhnung“, sagte Superintendentin Luise Müller bei der Gedenkveranstaltung, zu der der „Hutterer Arbeitskreis“ gemeinsam mit „Pax Christi Tirol“ eingeladen hatte. Das „notwendige Aufarbeiten einer unseligen Vergangenheit, die uns noch lange beschäftigen wird“ sei gleichzeitig ein Anstoß, „auch heute sensibel und respektvoll miteinander umzugehen“. Auch wenn heute niemand mehr wegen seines Glaubens verbrannt werde, „gibt es Ausgrenzung und Vorurteile ebenso wie damals“, so die Superintendentin.
Die Verfolgung der Täuferbewegung im 16. Jahrhundert gehöre zu Tirols Geschichte ebenso wie die Vertreibung der Protestanten oder das Leiden der jüdischen Gemeinde beim Pogrom 1938, sagte Bischof Manfred Scheuer bei der Gedenkveranstaltung. Scheuer: „Wir erkennen heute, dass Verfolgung, Folter und Hinrichtung im 16. Jahrhundert ein großes Unrecht waren.“ Die damalige katholische Kirche habe „einen guten Teil Verantwortung“ dafür getragen. Die Erinnerung daran sei „auch für uns jetzt eine unglückselige Last, zu der wir uns als Mitglieder dieser Kirche bekennen müssen“. Jesus überwinde das Böse durch das Gute, daher dürften Leiden und Gewalt „nicht neu zum Wachstumshormon von Ressentiment, Rachegelüsten und Revanchismus werden“, warnte der Bischof.
Der „Hutterer Arbeitskreis“ bemüht sich um eine Aufarbeitung der Geschichte und pflegt enge Kontakte mit Hutterern und ihren Ältesten. Mit den Nachfahren der damaligen Opfer – heute leben ca. 45.000 Hutterer in den USA und Kanada – wurde ein Zeichen der Versöhnung eingeleitet. Aus der Aufarbeitung der Geschichte sollten sich laut Arbeitskreis auch mehr Respekt und Toleranz gegenüber heutigen religiösen Minderheiten in Tirol und Südtirol ergeben.
ISSN 2222-2464