10.08.2019

Unnötig

Von Gott und der Welt – Michael Chalupka über kleine Geschenke

"Wie traurig wäre es um das Leben bestellt, bestünde es nur aus dem, was nötig ist. Keine Blumen mehr, keine schön gedeckten Tische, kein Lächeln und kein Dankeschön." Foto: pixabay

Von Gott und der Welt – Michael Chalupka über kleine Geschenke

„Das wäre doch nicht nötig gewesen!“ Das hört man hierzulande oft und gerne, wenn man jemandem eine kleine Aufmerksamkeit zu teil werden hat lassen oder sich mit einem Geschenk für etwas bedankt hat oder etwas Gutes gekocht hat. Mich ärgert dieser Satz. Denn natürlich ist es nicht überlebensnotwendig, andere zu bewirten oder sich dafür zu bedanken, dass einem geholfen wurde. Und der- oder diejenige, die man bis vor die eigene Haustür geführt hat, statt sie oder ihn bei einer U-Bahn-Station abzusetzen, hätten auch ihren Weg nach Hause gefunden. Alles nicht nötig. Das stimmt schon. Doch wie traurig wäre es um das Leben bestellt, bestünde es nur aus dem, was nötig ist. Keine Blumen mehr, keine schön gedeckten Tische, kein Lächeln und kein Dankeschön. Alles nicht nötig.

Doch Gott hat uns eine Welt geschenkt, in der alles im Überfluss zu finden ist. Vor allem das, was wir nicht sehen – die Liebe, die Dankbarkeit, die Achtsamkeit und Aufmerksamkeit, sie scheinen nicht nötig zu sein und doch leben wir davon. Und das Schöne an all diesem scheinbar Unnötigen ist, dass es nicht weniger wird, je mehr wir Gebrauch davon machen und es anderen zukommen lassen, sondern mehr. Das nächste Mal, wenn jemand zu mir sagt: „Das wäre doch nicht nötig gewesen!“, ärgere ich mich nicht mehr, sondern denke mir im Stillen: „Ja, er hat es verstanden, nötig sollte es ja auch nicht sein.“ Und lächle freundlich zurück.

Michael Chalupka ist evangelischer Pfarrer und designierter Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich. Kontakt: zvpunry.punyhcxn@rinat.ng

ISSN 2222-2464

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