03.06.2020

Toleranzgespräche in Fresach betraten digitales Neuland

Sauer: „Ländliche Regionen in politischer Willensbildung nicht vergessen“

Zum sechsten Mal gab es heuer die Toleranzgespräche, zum ersten Mal fanden sie primär online statt. Foto: Gerhard Kampitsch

Sauer: „Ländliche Regionen in politischer Willensbildung nicht vergessen“

Fresach/Villach/Wien (epdÖ) – Bei ihrer sechsten Austragung vom 27. bis zum 30. Mai haben die Europäischen Toleranzgespräche im Kärntner Bergdorf Fresach heuer zum ersten Mal online stattgefunden. „Wir alle haben gewusst, dass es ein Experiment wird und gezittert, ob es auch funktioniert“, so Manfred Sauer, Obmann des Veranstaltervereins „Denk.Raum.Fresach“ und Superintendent der Diözese Kärnten und Osttirol in einer Aussendung. „Umso größer war die Erleichterung, dass die Internet-Leitungen weitgehend stabil blieben.“ MIt der Übertragung auf mehrere Plattformen habe man „Geschichte geschrieben“, bilanziert Sauer. Ihm sei in Österreich kein vergleichbares Projekt bekannt. „Uns geht es darum zu zeigen, dass die ländlichen Regionen in der politischen Willensbildung und Entwicklungsarbeit nicht vergessen werden dürfen, und dass auch von Kraftorten wie Fresach aus Impulse gesetzt und Politik gemacht werden kann.“ Man hoffe daher, dass die Leistung der Toleranzgespräche dazu führen werde, „regionale wie kulturelle Förderungen für die Regionen deutlich zu erhöhen.“

Chalupka: „Der Weg muss zu Ende gegangen werden“

Aus Wien zugeschaltet zog bei der Eröffnung am Donnerstag, 28. Mai, der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka Parallelen zwischen dem biblischen Exodus und dem Betreten neuer Wege, das durch die Coronakrise notwendig geworden sei. „Zeiten des Exodus bringen es mit sich, dass man nicht einfach umdrehen kann. Der Weg muss zu Ende gegangen werden.“ Jedes Verlassen des Gewohnten sei schmerzlich, sagte Hannes Swoboda, Präsident des Veranstaltervereins „Denk.Raum.Fresach“ und früherer Europapolitiker, in seinen Grußworten. Es gelte aber, die Menschen davon zu überzeugen, dass sie etwas Lebenswertes erwarte. Er erinnerte insbesondere an die Folgen der Klimaerwärmung und deren ungleiche Auswirkungen im globalen Kontext: „Es geht nicht nur um unser Leben hier, sondern es geht auch global gesehen darum, dass wir jenen Menschen helfen, die in ungleich schwierigeren Verhältnissen leben.“  Den Begriff der Toleranz griff der römisch-katholische Bischof der Diözese Gurk-Klagenfurt, Josef Marketz auf. Als Kärntner Slowene sei er ständig damit konfrontiert worden, habe aber ein ambivalentes Verhältnis dazu: „Es ist ein langer Weg von der Toleranz zur Akzeptanz“, zur Aufnahme von etwas anderem. Es brauche Toleranz, man müsse aber darüber hinausgehen: „Da muss das Menschliche dabei sein.“

Toleranzpreis an Autorin und Übersetzerin Erna Pfeiffer

Der Europäische Toleranzpreis für Demokratie und Menschenrechte des Österreichischen PEN-Club und der Stadt Villach ging in diesem Jahr an die Grazer Lateinamerika-Spezialistin Erna Pfeiffer. In ihren Texten und Übersetzungen habe es die 1953 geborene Autorin geschafft, „scheinbar unüberwindbare Sprachbarrieren zu durchbrechen, damit ein Dialog entstehen kann“, hieß es dazu in der Begründung der Jury. „Was Erna Pfeiffer leistet, ist mehr als eine Übersetzung – ein Hinweis, dass es auf dieser Welt geistige Kontinente gibt, die es zu entdecken gilt.“

Die jährlich zu Pfingsten abgehaltenen Europäischen Toleranzgespräche bestanden heuer aus einem Jugendforum und einem Tourismusforum in Villach (27. Mai) sowie einem Toleranzforum (28. Mai), einem Wirtschaftsforum und einem Poetry-Slam (29. Mai) in Fresach und einem abschließenden Toleranzfrühstück am 30. Mai.

Videos zu den meisten Programmpunkten finden Sie auf: www.youtube.com

ISSN 2222-2464

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