28.10.2010

Thema Migration im Zentrum des Reformationsempfangs

Menschenrechtsaktivist Elias Bierdel: Sterben an EU-Grenzen einer Demokratie "unwürdig" - Diakoniepreis 2010 - 50 Jahre "Brot für Hungernde" - Flüchtlingsdienst: Verantwortung kann man nicht abschieben - (Zusammenfassung)

Menschenrechtsaktivist Elias Bierdel: Sterben an EU-Grenzen einer Demokratie „unwürdig“ – Diakoniepreis 2010 – 50 Jahre „Brot für Hungernde“ – Flüchtlingsdienst: Verantwortung kann man nicht abschieben – (Zusammenfassung)

Wien (epd Ö) – Das Thema Migration prägte den diesjährigen Reformationsempfang, zu dem die drei evangelischen Kirchen am Donnerstag, 28. Oktober, gemeinsam in die Aula der Wissenschaften in Wien geladen hatten. „Es lohnt sich zu jeder Zeit und an jeder Stelle, gegen offenkundiges Unrecht einzutreten“, erklärte der deutsche Journalist und Menschenrechtsaktivist Elias Bierdel in seinem Festvortrag. 2004 war Bierdel auf der „Cap Anamur“ an der Rettung von afrikanischen Flüchtlingen beteiligt, die in Seenot geraten waren. Vor zahlreichen Gästen aus Ökumene, Politik und Zivilgesellschaft sagte Bierdel: „Wir können nicht mehr weiter auf Kosten unserer Nachbarn wuchern.“ Es gehe um die „beherzte Öffnung der Grenzen nach Europa“. „Viele sind dazu bereit, und es werden rasch mehr.“ An den EU-Außengrenzen herrsche eine „beispiellose Brutalität“, die der europäischen Demokratie unwürdig sei und die Zivilgesellschaft herausfordere. Die „Festung Europa“ nehme „Tausende Tote in Kauf, von denen niemand etwas wissen will“.

Dass es in der Frage der Migration ein Zusammenwirken der europäischen Länder brauche, unterstrich der lutherische Bischof Michael Bünker. Leider scheitere dies „nicht zuletzt an Blockaden aus Österreich“. Der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld forderte von der österreichischen Bundesregierung ein uneingeschränktes Bekenntnis zum Recht auf Asyl. Zugleich kritisierte Hennefeld die „skandalösen“ Bedingungen der Schubhaft. „Unsere Pfarrgemeinden leben vor, wie MigrantInnen integriert werden können“, sagte der methodistische Superintendent Lothar Pöll.

Wie jedes Jahr wurden auf dem Reformationsempfang herausragende Leistungen und Projekte ausgezeichnet. Der Diakoniepreis 2010 geht an ein Projekt der Evangelischen Gefängnisseelsorge Wien, das Angehörige von Strafgefangenen unterstützt. Den Sonderpreis für Migration erhält das Innsbrucker Netzwerk für Flüchtlinge, in dem Pfarrgemeinden, Ehrenamtliche und Einrichtungen des Flüchtlingsdienstes kooperieren. Die beste Fachbereichsarbeit im Schulfach Religion hat Sarah Fessl am BG/BRG Judenburg abgeliefert: Die Maturantin beschäftigte sich mit der „Zukunft der christlichen Religion in einer postmodernen Gesellschaft“.

Unter museum.evang.at/ wird ab Jänner ein virtuelles evangelisches Museum seine Pforten öffnen. Ernst Petritsch vom Verein Evangelisches Museum Österreich bot einen ersten Einblick in die „Räume“, die laufend erweitert werden. Nachdem das Projekt eines eigenen evangelischen Museums aus finanziellen Gründen gescheitert war, konnte es nun „virtuell“ realisiert werden.

In diesem Jahr feierte die Aktion „Brot für Hungernde“ der Evangelischen Frauenarbeit (EFA) ihr 50-jähriges Bestehen. Beim Reformationsempfang informierte EFA-Direktorin Barbara Heyse-Schaefer über die Ziele der Aktion, die sich mit Bildungsarbeit, Ernährungs- und Einkommenssicherung vor allem für benachteiligte Frauen und Mädchen einsetzt. Ein Film über ein Hilfsprojekt für Frauen in Kambodscha veranschaulichte die Projektarbeit.

„Verantwortung kann man nicht abschieben“ und: „Flucht ist kein Verbrechen“ war auf den T-Shirts der haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen des Diakonie Flüchtlingsdienstes zu lesen, die zur Präsentation ihrer Arbeit auf die Bühne gekommen waren. Michael Bubik erinnerte an die Entwicklung des Flüchtlingsdienstes: 1988 habe dieser durch das Engagement von Christine Hubka in Traiskirchen seine Geburtsstunde erlebt, heute betreuen 170 haupt- und rund 80 ehrenamtliche MitarbeiterInnen Flüchtlinge. „Menschenrecht muss Menschenrecht bleiben“, forderte der Leiter des Flüchtlingsdienstes. Wenn Gesetze menschenverachtende Handlungen wie die Abschiebung von Kindern zulassen, „stimmt etwas nicht“. Aus menschenrechtlicher Sicht sei die derzeitige Situation im Fremdenrecht eine „Bankrotterklärung“.

Durch den Abend führte die ORF-Journalistin Maria Katharina Moser. Musikalisch bot der Reformationsempfang Soul-Klänge: Den aus Los Angeles stammenden Vokalisten Eddie Cole begleitete eine Band der Johann Sebastian Bach Musikschule.

ISSN 2222-2464

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