11.10.2012

„superhands.at“ unterstützt Kinder, die Angehörige pflegen

Johanniter und Diakonie präsentieren neues Internetportal

Nicht nur Erwachsene - auch Kinder und Jugendliche fungieren oft als pflegende Angehörende. (Im Bild: Jugendliche beim Anlegen eines Verbandes. Foto: Nadine Studeny)

Johanniter und Diakonie präsentieren neues Internetportal

Wien (epdÖ) Rund 25.000 Kinder und Jugendliche pflegen über einen längeren Zeitraum Angehörige, schätzen Diakonie und Johanniter. Mit dem neuen Internetportal www.superhands.at wollen die beiden evangelischen Hilfsorganisationen diesen Kindern und Jugendlichen Hilfe bieten.

Die Idee zu dem Projekt entstand aus den Erfahrungen mit dem Pflegenotdienst, den die Johanniter für die Stadt Wien entwickelt haben. „Da trafen wir dann auf Kinder oder Jugendliche, die sich um einen pflegebedürftigen Elternteil oder um Großeltern kümmern, sie bei der Körperpflege unterstützen, in den Rollstuhl setzen oder plötzlich vor der Situation stehen, in der Nacht die Windel wechseln zu müssen oder einen Katheter zu setzen“, erzählt Anneliese Gottwald bei der Präsentation des Projekts am Donnerstag, 11. Oktober, in Wien. Die Leiterin des Johanniter Pflegedienstes will mit dem niederschwelligen Angebot die pflegenden Kinder und Jugendliche aus dem „Schattendasein“ herausholen und ihnen Hilfe und die Möglichkeit zum Austausch untereinander bieten. Auf der neuen Internetplattform können sich Interessierte und Betroffene über verschiedene Krankheiten informieren und Tipps für die Pflege holen. Dazu wurden Videos gedreht, in denen Kinder anschaulich Tipps für den Pflegealltag geben. Gottwald legt Wert darauf, dass die Videos – sie zeigen Tätigkeiten wie Waschen, Pulsmessen oder den Wechsel der Bettunterlage – von den Kindern selbst erklärt werden, „denn sie sind für uns die Expertinnen und Experten“. Natürlich finden sich auf „superhands.at“ auch Erste-Hilfe-Tipps und Anleitungen für den Notfall. Darüber hinaus bietet die Plattform altersgerechte Informationen über Pflegegeld, Hilfsmittel, Pflegenotdienste und wichtige Anlaufstellen. Ab November soll dann auch eine Telefonhotline eingerichtet werden, kündigte Gottwald an.

Möglich wurde das Projekt durch die Unterstützung der Diakonie im Bereich der Unternehmenskooperation, insbesondere des Softwareriesen SAP. Damit sei, so Johanniter-Präsident Johannes Bucher, zumindest bis Jahresende die Finanzierung gesichert. Für den Betrieb ab 2013 und den weiteren Ausbau werden noch Sponsoren gesucht. „Niemand anderer als die Betroffenen selbst weiß, was es bedeutet, ein Familienmitglied zu Hause zu pflegen“, erklärte Bucher und schilderte berührende Fälle, in denen junge Menschen ihre Mutter oder Großmutter pflegten.

Dass es jedoch mit der Unterstützung für die Kinder und Jugendlichen allein nicht getan ist, darauf wies Diakonie-Direktor Michael Chalupka hin. Die Tatsache, dass in Österreich Tausende Kinder und Jugendliche Pflegedienste leisten, sei ein „Tabuthema“ und werde von der Politik verdrängt. Das gesamte Gesundheits- und Pflegesystem funktionierte nicht, wenn Angehörige nicht in hohem Ausmaß Pflegeaufgaben in der Familie übernehmen würden. Der Staat dürfe sich jedoch in der Pflege nicht auf Angehörige stützen, „die noch Kinder sind“, mahnte Chalupka. Die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern müssten dafür sorgen, dass die Kinder „in der belastenden Situation einen Rest unbeschwerter Kindheit leben“ können. Dazu fordert die Diakonie einen besseren Ausbau und eine stärkere Diversifizierung der Angebote im Pflegebereich. Derzeit sei es nur möglich, in einem Altenheim stationär versorgt zu werden – was bei chronisch kranken Eltern unter 60 Jahren nicht in Frage komme – oder durch Angehörige zu Hause betreut zu werden. Dazwischen seien die Dienstleistungen „entweder nicht verfügbar oder nicht leistbar“.

ISSN 2222-2464

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