14.03.2013

Steiermark: Diakonie ist Seismograph

Miklas: Diakonie lotet neue Konzepte unbürokratisch aus

"Kirche soll, will und kann dem Staat nicht seine breite soziale Verantwortung abnehmen, sie will vielmehr dort Initiativen setzen, wo sie momentan besonders nötig sind", erklärte der evangelische Superintendent der Steiermark Hermann Miklas bei einer Pressekonferenz zum Auftakt des Diakonie-Schwerpunktjahres der Evangelischen Kirchen in Österreich am 14. März in Graz. (Foto: epd/M. Uschmann)

Miklas: Diakonie lotet neue Konzepte unbürokratisch aus

Graz (epdÖ) – „Kirche soll, will und kann dem Staat nicht seine breite soziale Verantwortung abnehmen, sie will vielmehr dort Initiativen setzen, wo sie momentan besonders nötig sind“, erklärte der evangelische Superintendent der Steiermark Hermann Miklas bei einer Pressekonferenz zum Auftakt des Diakonie-Schwerpunktjahres der Evangelischen Kirchen in Österreich am 14. März in Graz. Das Jahr steht unter dem Motto „Zugewandt – solidarisch – vernetzt“.

Diakonische Einrichtungen, führte Superintendent Miklas weiter aus, würden sich als exemplarische Institutionen verstehen, in denen innerhalb des bestehenden Arbeitsfeldes neue Akzente und Konzepte unbürokratischer ausgelotet werden können. Es gehe aber keineswegs darum, dem Staat Aufgaben wegzunehmen. Die Diakonie könne sich „später gerne wieder aus diesen Bereichen zurückziehen, sobald andere die Staffel aufgegriffen und übernommen haben“. Die Diakonie verstehe sich heute als Seismograph für sich abzeichnende neue gesellschaftliche Entwicklungen und andererseits als eine Kraft, die aktiv werden und Initiativen setzen will. Der Superintendent betonte in diesem Zusammenhang die kleinen, oftmals lokalen Initiativen auf ehrenamtlicher Basis. „Wer heute von evangelischer ‚Diakonie‘ spricht, sollte wissen, dass sie immer zwei Flügel hat: den breiten Flügel des weit gefächerten ehrenamtlichen Engagements auf Gemeindeebene – und den gewichtigen Flügel der institutionellen Diakonie auf Landes- und Bundesebene. Die beiden ergänzen einander nicht nur, sie sind in einigen Fällen auch miteinander verschränkt.“ Allein in der Steiermark würden sich rund 1500 Menschen ehrenamtlich freiwillig, aber verbindlich in der Kirche einbringen.
„Die Evangelische Kirche setzt sich für Menschlichkeit und Menschenrechte ein“, sagte Bischof Michael Bünker vor den Journalisten in Graz. Gerade in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten würden die Kirche und speziell die evangelischen Pfarrgemeinden mit ihrer diakonischen Arbeit dazu beitragen, dass die Gesellschaft nicht weiter auseinanderdrifte. „Christliche Gemeinden bieten Anlaufstellen für Hilfesuchende, sie bieten Netze des Zusammenhalts, sie bieten Räume der Begegnung in gegenseitigem Geben und Nehmen, in Respekt und Achtung voreinander.“ Damit diese Diakonie in den Pfarrgemeinden gestärkt und nach außen sichtbar wird, habe die Evangelische Kirche das Jahr 2013 zum „Jahr der Diakonie“ erklärt, so Bünker.

Evangelische Pfarrgemeinde sind in sich ein Projekt der Inklusion, gehören sie doch zu den wenigen gesellschaftlichen Einrichtungen, die für alle offen stehen und in denen sich beginnend beim Gottesdienst alle gesellschaftlichen Gruppen treffen, unterstrich der Direktor der Diakonie, Michael Chalupka. Diesen Anspruch in der alltäglichen Wirklichkeit einzulösen sei nicht einfach. „Kirche, Pfarrgemeinden und Diakonie müssen sich immer wieder selbst fragen, ob sie diesem Anspruch der Inklusivität, der Teilhabemöglichkeit für alle, die das möchten, gerecht werden können.“

Steirische Vielfalt bei der Diakonie

Gerade in der Steiermark zeigt sich die Vielfältigkeit der Diakonie als eine der größten Wohlfahrtsorganisationen: „Beispielsweise führt das Diakoniewerk in Graz das Haus am Ruckerlberg, eine Hausgemeinschaft für Menschen im Alter, im Bereich Behindertenarbeit bietet das Diakoniewerk eine Tagesstätte in Graz sowie eine Werkstätte und ein Wohnhaus für Menschen mit Behinderungen in Schladming, weiters ist das Diakoniewerk im Bereich Flüchtlingsarbeit tätig.“
Eine wichtige diakonische Arbeit in der Diözese Steiermark sei die Heimseelsorge, erklärte Elisabeth G. Pilz, die in diesem Bereich aktiv ist.

Seelsorge in Seniorenbetreuungseinrichtungen und in Privathaushalten der Pfarrgemeinden würde gerade einen großen Umbruch erleben, bedingt durch die veränderten Rahmenbedingungen des Alterns. Ältere seien länger gesund, aktiver, bereit sich weiterzubilden, oftmals aber auch in die Pflege Angehöriger eingebunden. „Eine unserer Aufgaben als diakonisch agierende Kirche wird in Zukunft sein, für die Sorge und Betreuung Älterer mehr zu organisieren, zu vernetzen, weiterzubilden, aufzuklären und zu begleiten. Diese Aufgaben sind untrennbar mit dem christlich-diakonischen Leitbild unserer Evangelischen Kirche verbunden. An uns wird es liegen, wie wir in der Gesellschaft die soziale Sicherheit älterer Menschen vertreten“, sagte Pilz.

Eine ebenso wichtige Rolle spielt die Flüchtlingsbetreuung in der Steiermark. Seit 2004 betreibt das Diakoniewerk Gallneukirchen ein Flüchtlingshaus in Deutschfeistritz, berichtete Ilse Hierzer, die das Haus leitet. „Unser Auftrag ist nicht nur die Sicherstellung der Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde, sondern auch die bestmögliche Vorbereitung auf ein eigenständiges Leben in Österreich.“ Die Einrichtung bietet Ein- und Zweibettzimmer, TV-Geräte, Internetzugang. Es stehen Räumlichkeiten für Deutschkurse, Hausversammlungen und Sport zur Verfügung, so Hierzer. Im Außenbereich gibt es großzügige Grünanlagen mit Fußball- und Grillplatz und Gartenlaube. Das innovative Projekt ProPoDia in Zusammenarbeit mit der Polytechnischen Schule Deutschfeistritz ermöglicht den jugendlichen Asylwerbern den Schulbesuch. Ziel sei die Vermittlung von Deutschkenntnissen und die Vorbereitung auf einen Ein- bzw. Umstieg in das österreichische Schulsystem oder Berufsleben.

ISSN 2222-2464

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