10.07.2022

sicht:wechsel

Maria Katharina Moser über einen beeindruckenden Theaterabend beim internationalen inklusiven Kulturfestival

Das inklusive Kulturfestival sicht:wechsel mit der Theatergruppe Malaria lud ein zu einem „neuen, geänderten Blick auf Menschen mit Beeinträchtigung“, wie der künstlerische Leiter Alfred Rauch betonte. (Foto: Diakoniewerk/Verena Mandl)

Maria Katharina Moser über einen beeindruckenden Theaterabend beim internationalen inklusiven Kulturfestival

Was für ein Theaterabend! Ich war dieser Tage in Linz beim internationalen inklusiven Kulturfestival sicht:wechsel. Der Name des Festivals ist Programm: Es lädt ein zu einem „neuen, geänderten Blick auf Menschen mit Beeinträchtigung“, so der künstlerische Leiter Alfred Rauch, und zur Auseinandersetzung mit ihrer „vielleicht ungewöhnlichen Gefühls- und Fantasiewelt“.

Ich habe mich mitnehmen lassen in die Gefühlswelt der Theatergruppe Malaria des Diakoniewerks, in der Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam schauspielen. Ein Krimi in sieben Szenen wurde zur Aufführung gebracht: Nicole Schwarz wurde ermordet. Was hat ihr Tod mit den Bewohnern und Bewohnerinnen des Dorfes Gars am Lump zu tun? Und wer hat etwas mit ihrem Tod zu tun? Der jähzornige Bauer Hans Jäger, der was hatte mit Nicole? Oder der korrupte Polizist Peter Baum? Oder doch Bürgermeister Trummer, der gerade im Wahlkampf ist?

Bereits der Titel des Stücks „Ich war’s nicht“ lässt die inhaltliche Tiefe hinter dem unterhaltsamen Krimi erkennen. Er lässt mich unweigerlich an die Geschichte von Adam und Eva gleich am Anfang der Bibel denken: Adam und Eva essen von den verbotenen Früchten. Als Gott Adam danach fragt, zeigt er mit dem Finger auf Eva: „Sie war’s. Sie hat mir davon zu essen gegeben.“ Eva zeigt ihrerseits auf die Schlage: „Sie war’s. Sie hat mich betrogen, sodass ich aß.“

Ähnlich Pressefotograf Michael Foto, gespielt von Florian Gerstl: „Ich bin nicht schuld“, sagt er. Im Programmheft haben die Schauspieler und Schauspielerinnen ihre Gedanken zum Stück und zur Figur, die sie spielen, festgehalten. Astrid Meyer über ihre Rolle der Zeitungsverkäuferin Resi: „Ich habe noch nie was angestellt. Ich will über das Böse gar nichts hören.“ Und Kurt Engleder, der den Bauern Hans Jäger spielt: „Ich bin nie schuld, und wenn, dann gehe ich in mein Zimmer und schlafe.“ Christoph Kremser wiederum meint zu Peter Baum, den er spielt: „Als korrupter Polizist werde ich schuldig, weil die Leute mich sekkieren.“

Was heißt Schuld? Wann werden wir schuldig? Und warum? Weil wir nicht anders können? Es ist eine der großen Menschheitsfragen, die die Theatergruppe Malaria behandelt. Die Schauspieler und Schauspielerinnen haben das Stück selbst entwickelt. Es führt vor Augen: Schuld muss aufgedeckt werden, sie muss ans Licht, Verantwortung muss übernommen werden. Der Geist von Nicole wandert ruhelos durch Gars am Lump, Ruhe kann sie erst finden, wenn ihr Mörder gefunden wurde. Ruth Oberhuber, die den Geist von Nicole spielt, sagt dazu: „Ich, die Schuld, bin da, doch ihr seht mich nicht, leider.“

ISSN 2222-2464

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Diakoniewerk | Moser

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