19.11.2014

Selbstbestimmter Lebensabend in Pflegeheimen

Diakonie Südburgenland mit Vorreiterrolle im "Vorsorgedialog"

Für ein besseres Leben und ein würdevolleres Sterben in Pflegeheimen tritt der Dachverband Hospiz Österreich ein. Foto: pixabay

Diakonie Südburgenland mit Vorreiterrolle im „Vorsorgedialog“

Wien (epdÖ) – Mit dem so genannten „Vorsorgedialog“ stellte der Dachverband Hospiz Österreich am Mittwoch, 19. November in Wien ein neues Instrument zur Unterstützung eines besseren Lebens und würdevollen Sterbens in Pflegeheimen vor. „Der Vorsorgedialog gewährleistet, dass die Wünsche der BewohnerInnen von Heimen im Leben und am Lebensende respektiert werden“, so die Präsidentin des Dachverbands Hospiz Österreich Waltraud Klasnic. Demnach sollen zweimal jährlich Gespräche zwischen Patient, Arzt und Pflegepersonal stattfinden, um so die Wünsche, Bedürfnisse und den Willen der Menschen für den letzten Lebensabschnitt im Vorhinein festzustellen. Bis Mitte 2015 soll ein österreichweites System für die Pflegeheime entstehen. Geplant sind auch Modelle für den mobilen Dienst sowie das Krankenhaus. Eine Kostenabschätzung gibt es auf Grund des laufenden Realisierungsprozesses noch nicht.

Vorreiter des Vorsorgedialogs ist ein von der Diakonie Südburgenland geführtes Pflegeheim in Oberwart. Hier wurden seit Juli 2013 bereits 33 solcher Gespräche geführt. Klaus-Peter Schuh, Leiter der Palliativbewegung im Südburgenland, war gemeinsam mit Marc Seper, dem Geschäftsführer der Diakonie Südburgenland, wesentlich für diese Initiative verantwortlich. Schuh berichtete unlängst im Gespräch mit den Bezirksblättern vom großen Erfolg des Projekts: „Wir zählen natürlich ständig die Krankenhaustage unserer Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims Oberwart. Hatten wir vor Projektstart noch weit über 100 Tage, die unsere BewohnerInnen im Quartal im Krankenhaus waren, so waren es im letzten Quartal nur 18. Es ist aber noch eine Momentaufnahme, die wir weiter beobachten werden. Allein die intensivere Betreuung, das professionelle Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen, viele einfühlsame Gespräche und Ähnliches geben den zu Pflegenden ein sicheres und vertrauteres Gefühl. Wir haben nichts völlig neu gemacht – nur eben anders.“

Der Vizepräsident des Dachverbands Hospiz Österreich Karl Bitschnau betonte, dass Betreuungspersonen meist gar nicht über die Wünsche von Patienten – insbesondere in Notfällen – Bescheid wüssten. Möchte der Patient bzw. die Patientin beispielsweise überhaupt wiederbelebt werden? Deswegen sei es wichtig, rechtzeitig mit den Bewohnern das Gespräch zu suchen, um eindeutig die genauen Wünsche der Menschen am Lebensabend zu erfahren.

Für Michael Lang, Präsident des Geriatrie-Referats der Österreichischen Ärztekammer, sind viele Notfalleinsätze vermeidbar. Insbesondere bei älteren Patienten oder Pflegeheimpatienten sei deren Wille zu respektieren. Durch den Vorsorgedialog und eine laufende Willenserhebung der PatientInnen könne zum einen eine Reduktion von Notfalleinsätzen erreicht und zum anderen auch der betreuende Notarzt selbst bei seiner Entscheidung unterstützt werden. Deswegen schaffe der Vorsorgedialog mehr Sicherheit für alle Beteiligten.

Selbstbestimmung und Sicherheit in der letzten Phase des Lebens bedeute auch Lebensqualität, meinte etwa Regina Ertl vom Bundesverband der Alten- und Pflegeheime. Der Vorsorgedialog könne an dieser Stelle ein wichtiges Instrument sowohl für die Pflegenden als auch für die PatientInnen darstellen. Der Präsident der Österreichischen Palliativgesellschaft Harald Retschitzegger hob hervor, dass die vielen Verlegungen von Menschen in den letzten Lebenstagen für alle Beteiligten oft eine große Belastung darstellen. Viele Einweisungen, beispielsweise vom Heim ins Krankenhaus, seien bezüglich ihrer Sinnhaftigkeit zu hinterfragen. Sie bedeuteten in erster Linie Stress für den Patienten und könnten durch regelmäßige Dialoge im Vorhinein vermieden werden. Für Maria Kletecka-Pulker von der Bioethikkommission des Bundeskanzleramts kann der Vorsorgedialog auch Rechtssicherheit für PatientInnen schaffen und deren Willen schützen. In erster Linie solle der Dialog aber Ängste abbauen. Der Vorsorgedialog werde keinesfalls die Patientenverfügung ersetzen, vielmehr solle er in erster Linie als „unterstützendes Instrument“ dienen.

ISSN 2222-2464

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