Seit 20 Jahren setzt sich AmberMed für Menschen ohne Versicherung ein
Hacker: „Wollen niemanden zurücklassen“ – Moser: Hilfe auf Augenhöhe – Schenk: Lücke in der Krankenversicherung für Kinder schließen
Hacker: „Wollen niemanden zurücklassen“ – Moser: Hilfe auf Augenhöhe – Schenk: Lücke in der Krankenversicherung für Kinder schließen
Wien (epdÖ) – Seit 20 Jahren hilft „AmberMed“, eine Kooperation des Evangelischen Flüchtlingsdienstes und des Roten Kreuzes, Menschen ohne Krankenversicherung. Am Mittwochvormittag, 18. September, wurde in Wien der runde Geburtstag gefeiert. Alexandra Gröller, Geschäftsführerin des Diakonie Flüchtlingsdienstes, erinnerte dabei an die zentrale Motivation für dieses erfolgreiche und, wie bei der Feier betont wurde, leider auch notwendige Wiener Hilfsangebot: „Wir haben die zentrale Überzeugung, dass alle Menschen das Recht auf eine qualitätsvolle, würdige und für sie passende Gesundheitsversorgung haben.“ Gesundheitsversorgung bedeute dabei mehr als nur Krankenbehandlung, AmberMed sei „da, wo das Gesundheitssystem noch nicht hinreicht“. Mit einem Team von ehrenamtlichen Mediziner:innen ermöglicht AmberMed Menschen ohne Krankenversicherung niederschwelligen und dolmetsch-unterstützten Zugang zu medizinischer Versorgung und leistet darüber hinaus Medikamentenhilfe und soziale Beratung. Zum Team gehören Allgemein- und Fachmediziner:innen ebenso wie Krankenpfleger:innen, Psychotherapeut:innen und Sozialarbeiter:innen.
„Großartige Arbeit“ werde hier geleistet, konstatierte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser in ihrem Grußwort bei der Feier. 68 ehrenamtliche Ärztinnen und Ärzte hätten allein im letzten Jahr rund 2.700 Patient:innen behandelt, in den 20 Jahren waren es insgesamt an die 50.000 Patient:innen, berichtete Alexandra Gröller. Krank sein bedeute immer auch sozialen Ausschluss, meinte Maria Katharina Moser. AmberMed wolle dagegen „auf Augenhöhe und von Angesicht zu Angesicht“ Menschen teilhaben lassen „an den Möglichkeiten, die unser medizinisches System bietet“.
Obwohl es den politischen Willen gebe, dass in Österreich jeder Mensch krankenversichert sei, zeige die Realität, dass es Einrichtungen wie AmberMed weiter brauche, unterstrich der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker. Das Kooperationsprojekt bezeichnete Hacker als „wichtigen Baustein der Stadt, an dem wir auch weiterbauen müssen“, denn: „Wir leben in einer Stadt, in der wir niemanden zurücklassen wollen.“
Geprägt war die Feier vom Dank an die ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen und die Unterstützer:innen. Michael Opriesnig, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes, strich dabei das Element der Freiwilligkeit heraus: „Hier wird persönliche Verantwortung für regelmäßige Dienste und Verantwortung für Menschen übernommen.“ Die Freiwilligkeit trainiere den „humanitären Imperativ, dass wir helfen müssen, wenn wir helfen können“. Daniele Gamba, CEO der TAG GmbH, erzählte, warum seine Firma AmberMed seit vielen Jahren unterstützt. Die Mission, niemanden zurückzulassen, habe ihn dabei besonders beeindruckt.
Krankenversicherung an Kindergarten- oder Schulbesuch binden
Diakonie-Sozialexperte Martin Schenk nutzte die Gelegenheit, um in seinem Festvortrag die Forderung der Diakonie nach einer Krankenversicherung für alle Kinder zu erneuern. Es gelte, endlich die Lücken in der Krankenversicherung für Kinder zu schließen. Rund 2.000 Kinder und Jugendliche haben in Österreich nach Schätzungen der Diakonie keine Krankenversicherung. Schenk schlug vor, die Krankenversicherung an den Kindergarten- bzw. Schulbesuch zu binden. Kinder ohne Krankenversicherung könnten über ihren Schul- bzw. Kindergartenbesuch ins allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) einbezogen werden. Das hätte den Vorteil, dass einerseits eine sehr große Gruppe von Kindern und Jugendlichen erfasst und andererseits auch auf den dauernden Aufenthalt abgestellt werde. Wenn hingegen Kinder mit erhöhtem medizinischen Betreuungsbedarf oder chronischen Erkrankungen keinen Zugang zu adäquater Gesundheitsversorgung bzw. Therapien hätten, sei das Kindeswohl massiv gefährdet, warnte der Sozialexperte.
ISSN 2222-2464