27.03.2014

Schwangerschaftsabbrüche: „aktion leben“ fordert Statistik

Parlamentarische Initiative für soziale Verbesserungen gestartet

Der unabhängige Verein "aktion leben" fordert eine jährliche anonyme Erhebung von Zahlen zu Schwangerschaftsabbrüchen und eine regelmäßige Erforschung der Motive für Abbrüche. (Foto: Roland Trabe)

Parlamentarische Initiative für soziale Verbesserungen gestartet

Wien (epdÖ) – Eine neue parlamentarische Bürgerinitiative mit dem Namen „Fakten helfen!“ stellte am 27. März die „aktion leben“ bei einer Pressekonferenz in Wien vor. Konkret fordert der unabhängige Verein eine jährliche anonyme Erhebung von Zahlen zu Schwangerschaftsabbrüchen und eine regelmäßige Erforschung der Motive für Abbrüche, wie es sie auch in anderen europäischen Ländern gibt.

„Wir wissen noch immer nicht, wie viele Abbrüche es pro Jahr gibt“, erklärte Gertraude Steindl, Präsidentin der „aktion leben“. Zwar werde die legale Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruches als große soziale Errungenschaften gelobt, gleichzeitig werde Abtreibung aber nach wie vor tabuisiert. Es sei aber auch ungerecht, dass die Gesellschaft Frauen, die eine Schwangerschaft abgebrochen haben, gegenüber so wenig Interesse zeige. „Wir wollen hinschauen, statt wegschauen. Wir wollen Transparenz statt Tabu!“, brachte es Steindl auf den Punkt. „Wir müssen als Gesellschaft dahin kommen, ohne Schuldzuweisungen offen über die Probleme zu reden und respektvoll gegenüber jeder Frau zu sein, die betroffen ist und war.“ Anhand der statistischen Ergebnisse und der Ergebnisse der Motivforschung sollen konkrete Forderungen an die Politik gestellt werden können. Dabei gehe es aber nicht darum, Veränderungen im Strafrecht vorzunehmen. „Die Politik sollte daraus konkrete Maßnahmen ableiten, die nicht strafrechtlicher, sondern sozialrechtlicher und gesundheitspolitischer Natur sind“, so Steindl. Die so genannte Fristenregelung solle von der Initiative in keiner Weise berührt werden, betonte die Präsidentin.

„Als wir damals darum gekämpft haben, dass Abtreibung aus dem Strafrecht verschwindet, haben wir geglaubt, dass es dann zu einer verstärkten Sexualpädagogik kommen und somit der Schwangerschaftsabbruch obsolet werden wird“, erklärte die Sexual- und Psychotheraupeutin Rotraud A. Perner, die in den 1970er Jahren auch politisch aktiv war. Doch die erwarteten Aufklärungsmaßnahmen blieben aus, auch heute sei es schwierig, über Geschlechtlichkeit offen zu reden. Dazu käme, dass es große Defizite gäbe im Wissen um Verhütung, wozu nicht zuletzt auch die Medien beitrügen. „In den ganzen Filmen sieht man die Menschen nie, wie sie sich über Verhütung Gedanken machen.“ Es gehe aber nicht nur um Geschlechtlichkeit und Fortpflanzungsfähigkeit, sondern auch um das Verständnis der eigenen Geschlechtsrolle. „Es werden nach wie vor Frauen über ihre Pflicht zur Mutterschaft definiert beziehungsweise diskriminiert.“ Perner vermisst jedenfalls nach wie vor die damals versprochenen „flankierenden Maßnahmen“. Für diese brauche es konkrete Zahlen sowie eine Erforschung der Motive. Leider sei die Debatte um Schwangerschaftsabbrüche aber immer noch von Polarisierungen beeinträchtigt.

Wolfgang Mazal, Professor für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Wien, sprach sich ebenfalls für eine statistische Erhebung von Schwangerschaftsabbrüchen aus. „Wissenschaft begründet Wissen. Dieses Wissen wiederum sollte Grundlage der Politik sein“, sagte Mazal. Insofern sei es demokratiepolitisch problematisch, dass in diesem wichtigen gesellschaftspolitischen Handlungsfeld Zahlen und wissenschaftliche Forschungsergebnisse fehlen. „Hier gibt es viel, was wissenschaftlich hinterfragt gehört, beispielsweise die Settings, in denen die Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch gefällt wird. Oder die Tatsache, dass es noch immer eine stark männlich dominierte Frauenheilkunde gibt.“

Die „aktion leben“ wird noch bis 15. Dezember Unterschriften sammeln. Danach sollen diese an das Parlamentspräsidium übergeben werden. Ausführliche Informationen finden sich unter: www.fakten-helfen.at

ISSN 2222-2464

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