03.09.2012

Schiefermair für Beibehaltung des Religionsunterrichts

Verpflichtender Ethikunterricht problematisch für Minderheitskirchen

Oberkirchenrat Karl Schiefermair wendet sich gegen den Vorschlag des römisch-katholischen Religionspädagogen Anton Bucher (Universität Salzburg), der anstelle des konfessionellen Religionsunterrichts ein neues Schulfach "Ethik und Religionskunde" für alle Kinder einführen möchte. (Foto: epd/M.Uschmann)

Verpflichtender Ethikunterricht problematisch für Minderheitskirchen

Wien (epdÖ) – In die derzeit laufende Debatte um einen Ethikunterricht an Österreichs Schulen schaltet sich jetzt auch der evangelische Oberkirchenrat Karl Schiefermair ein. Dabei spricht sich Schiefermair, der in der gesamtösterreichischen Kirchenleitung für Fragen des Religionsunterrichts zuständig ist, deutlich für die Beibehaltung des konfessionellen Religionsunterrichtes aus. Den Ethikunterricht sollen demnach nur Schülerinnen und Schüler besuchen, die sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben.

Schiefermair wendet sich im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst gegen den Vorschlag des römisch-katholischen Religionspädagogen Anton Bucher (Universität Salzburg), der anstelle des konfessionellen Religionsunterrichts ein neues Schulfach „Ethik und Religionskunde“ für alle Kinder einführen möchte. Dieses solle vom Staat in ökumenischer Kooperation mit den Religionsgemeinschaften konzipiert werden.

Bucher übersehe, so Schiefermair, dass dieses Modell für Kirchen und Religionsgemeinschaften, die in der Minderheit sind, höchst problematisch sei. „Ein für alle verpflichtender Ethikunterricht wird religiöse Minderheiten in einer Klasse wieder nicht zu Wort kommen lassen. Minderheiten werden ‚liberalkatholisch‘ durch einen gemeinsamen Ethikunterricht ‚assimiliert‘.“ Öffentliche Schulen seien verpflichtet, die Gleichwertigkeit von Religionen zu gewährleisten, betont Schiefermair. Dies sei vor allem durch den Religionsunterricht gegeben, in dem SchülerInnen nicht nur aus der Außenperspektive über die Religion lernen, sondern sich auch „qualifiziert um die Formulierungen der Innenperspektive bemühen müssen“. Dabei gehe es in erster Linie um das Erlernen einer religiösen Sprachkompetenz und Sprachfähigkeit. „Diese ist in der pluralistischen Gesellschaft eine Notwendigkeit. Ich möchte das Erlernen religiöser Sprachkompetenz nicht den Koran-, Thora- und Bibelschulen überlassen. Dies fördert Fundamentalismen jeder Art“, warnt der Oberkirchenrat.

Zusätzlich verweist Schiefermair auf eine aktuelle Studie von der Berliner Humboldt Universität, die zeige, dass der evangelische Religionsunterricht die größte interkulturelle und interreligiöse Kompetenz lehre. Dazu komme, dass der konfessionelle Religionsunterricht im Gegensatz zu einem Ethikunterricht transparenter sei. SchülerInnen, Eltern und Lehrkräfte würden wissen, woran sie beim Religionsunterricht sind. „Man gaukelt ihnen keine ‚weltanschauliche Neutralität‘ vor, die es nicht gibt“. Da es jedoch keine einheitliche „Ethik“ gäbe, müsse schließlich der Staat diese für den Unterricht vorgegeben, was Schiefermair ablehnt.

Bereits in der Vorwoche hat sich Thomas Krobath, evangelischer Vizerektor der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) Wien/Krems, gegenüber religion.orf.at gegen den Vorschlag Buchers ausgesprochen. Identität könne nur aus der religiösen Tradition heraus entstehen, nicht aus einem Unterricht über Religion. Schiefermair und Krobath sprechen sich ebenfalls gegen den Vorschlag von Unterrichtsministerin Claudia Schmied aus, die im Rahmen einer Diskussion bei den Alpbacher Technologiegesprächen einen Ethikunterricht ausnahmslos für alle Schülerinnen und Schüler gefordert hat.

ISSN 2222-2464

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