15.06.2011

Religionsgemeinschaften: Protest gegen Aberkennungs-Regelung

Evangelischer Oberkirchenrat A.u.H.B.: "Verhältnis zwischen Staat und Kirchen könnte erschüttert werden"

Die neue Regelung betrifft Kirchen mit geringerer Mitgliederzahl.

Evangelischer Oberkirchenrat A.u.H.B.: „Verhältnis zwischen Staat und Kirchen könnte erschüttert werden“

Wien (epdÖ) – Auf Ablehnung stößt ein von Ministerin Claudia Schmied (SPÖ) vorgelegter Entwurf für die Neuregelung der Anerkennung von Religionsgemeinschaften auf Grund der darin enthaltenen neuen Aberkennungs-Regelung. Vertreter der großen und kleineren Kirchen protestieren dagegen, dass Religionsgemeinschaften wegen zu geringer Mitgliederzahlen ihren Status verlieren können sollen. Das Ministerium zeigt sich kompromissbereit.

In dem Entwurf ist vorgesehen, dass der Status als Religionsgemeinschaft aberkannt werden kann, wenn die Zahl der Mitglieder auf unter 0,2 Prozent der österreichischen Bevölkerung – das wären derzeit rund 16.800 Personen – fällt. Die Begutachtungsfrist für die Gesetzesnovelle endete am 10. Juni.

„Der Entwurf ist völlig undurchdacht“, erklärte der juristische Oberkirchenrat der Evangelisch-lutherischen Kirche Raoul Kneucker im „Kurier“ am 11. Juni. Der Gesetzesvorschlag sei den Religionsgemeinschaften ohne Rücksprache „einfach vorgesetzt“ worden. „Können Sie sich vorstellen, dass es eine neue Regelung etwa für den Gewerkschaftsbund gibt, und der wird nicht vorher eingebunden?“, fragt Kneucker.

In einer Stellungnahme des Evangelischen Oberkirchenrates A.u.H.B. zu dem Gesetzesentwurf vom 10. Juni war bereits darauf aufmerksam gemacht worden, dass nach diesem Gesetz unter anderem die Evangelisch-methodistische Kirche sowie die Altkatholische Kirche jeweils den Status als gesetzlich anerkannte Kirche verlieren würden, „beide aktiv mitarbeitende Kirchen im Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich“. Betont wird: „Würden beide letztgenannten Kirchen ihren Status als gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft verlieren, wäre das Verhältnis zwischen der Republik Österreich und den gesetzlich anerkannten Kirchen, insbesondere jenen, die im Ökumenischen Rat der Kirchen vertreten sind, erschüttert.“

In der Stellungnahme wird zusammenfassend festgehalten: „Die Evangelische Kirche A. und H.B. in Österreich will die in vielen Rechtsmaterien unklare und nachteilige Rechtslage von religiösen Bekenntnisgemeinschaften ändern und insgesamt zeitgemäße religionsrechtliche Regelungen geschaffen sehen. Eine Arbeitsgruppe von Rechtsexperten wird dazu Vorschläge in naher Zukunft unterbreiten.“

Ministerium lenkt ein

Inzwischen ist das Ministerium auf die Stellungnahmen eingegangen. Es sei „sicherlich nicht daran gedacht“, anerkannten Religionsgemeinschaften wegen geringer Mitgliederzahl den Status abzuerkennen, betonte ein Sprecher von Kulturministerin Claudia Schmied am Abend des 10. Juni. Dies werde auch im Entwurf für die Neuregelung der Anerkennung von Religionsgemeinschaften klargestellt. Der Entwurf werde angesichts der Begutachtungsstellungnahmen abgeändert. Es werde klargestellt, dass anerkannten Kirchen der Status nicht entzogen wird, wenn ihr Mitgliederstand weniger als 0,2 Prozent der österreichischen Bevölkerung beträgt.

ISSN 2222-2464

Diesen Beitrag teilen

Newsletter abonnieren

Der Newsletter von evang.at mit den wichtigsten Nachrichten des Evangelischen Pressedienstes (epd) ist kostenlos und erscheint in der Regel einmal pro Woche am Mittwoch.