Religionen vor Wahl: Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stärken
Hochrangige Religionsvertreter in ORF-Interviews über ihre Forderungen an die künftige Bundesregierung
Hochrangige Religionsvertreter in ORF-Interviews über ihre Forderungen an die künftige Bundesregierung
Wien (epdÖ) – Die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Demokratie sowie die Bedeutung von Gleichbehandlung und Rechtsstaatlichkeit haben Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften in Österreich im Vorfeld der Nationalratswahl am 29. September betont. Mit Blick auf die künftige Regierung forderten der evangelisch-lutherischer Bischof Michael Chalupka, Peter Schipka (Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz), Oskar Deutsch (Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde), Ümit Vural (Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft) sowie Gerhard Weißgrab (Präsident der Buddhistischen Religionsgesellschaft) Respekt und gemeinsame Lösungen. Unisono akzentuierten sie gegenüber dem ORF das Gewicht eines friedlichen Miteinanders und der Einhaltung demokratischer Prinzipien.
Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka erinnerte an den Verlust des Karfreitags als Feiertag und forderte dessen Wiedereinführung als Feiertag für alle. Gesellschaftspolitischen Verbesserungsbedarf ortet Chalupka beim Umgang mit Minderheiten sowie bei den Themen Armutsbekämpfung und Pflege. Letztere betreffe 1,5 Millionen Menschen, erklärte Chalupka im TV-Magazin „Orientierung“ und in der Ö1-Radiosendung „Im Fokus“.
Österreich solle ein lebenswertes Land bleiben, meinte Peter Schipka. Dazu gehöre auch, dass eine neue Bundesregierung nicht Ängste schürt oder sie bedient, „sondern Lösungen erarbeitet, gemeinsam mit anderen“. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften würden dabei „immer ein guter Partner“ sein, so der Generalsekretär der Bischofskonferenz in der ORF-Sendung „Orientierung“. Ferner setzte sich Schipka für die Stärkung des Religionsunterrichts sowie den Schutz des Lebens und gegen Euthanasie sowie Leihmutterschaft ein.
Warnung vor einer möglichen Gefährdung der Demokratie
Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, äußerte sich zufrieden mit der bisherigen Bekämpfung des Antisemitismus, fordert aber weiterhin entschlossene Maßnahmen von der Politik. Deutsch nannte Judenhass wörtlich „ein Krebsgeschwür“, wogegen man mit Zivilcourage – sei es im Fußballstadion oder im Wirtshaus – auftreten müsse. Gleichzeitig warnte er vor einer möglichen Gefährdung der Demokratie. Es sollten daher nur Parteien koalieren, die auch ein Garant dafür sind.
Für eine Ausbildung von Imamen in Österreich sowie die Professionalisierung der islamischen Seelsorge sprach sich Ümit Vural aus. Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft hob vor allem den gesamtgesellschaftlichen Nutzen dieser Maßnahmen und die Wichtigkeit einer Zusammenarbeit mit einer künftigen Bundesregierung hervor.
Für eine Politik der Gelassenheit und des Respekts sowie für ein stärkeres Augenmerk auf die politische Bildung als Grundlage für eine friedliche Zukunft plädierte Gerhard Weißgrab, Präsident der Buddhistischen Religionsgesellschaft. Dazu gehöre es auch, trotz Differenzen im Dialog zu bleiben, selbst bei Themen „wo man sich einfach nicht einigen kann, aus berechtigten Gründen“.
Kirchliche Orientierungshilfen zur Wahl
Vor der Wahl sind auch Leitfäden, Fragenkatalog und Orientierungshilfen vonseiten der Evangelischen wie auch der Katholischen Kirche erschienen. So nimmt das online verfügbare „Argumentarium“, erarbeitet vom Institut für öffentliche Theologie und Ethik der Diakonie, Werte und Haltungen von Parteien in den Blick. Die christlichen Grundhaltungen sollten dabei unterstützen, „eine Wahlentscheidung zu treffen“, hieß es. Zu finden ist das Argumentarium hier: www.diakonie.at/demokratie-waehlen
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Wahlprogrammen der bisherigen Parlamentsparteien bietet u.a. ein 27 Seiten umfassender Leitfaden „Christlich verantwortlich wählen“, den der Fachbereich Sozialethik der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien und die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksoe) gemeinsam erarbeitet haben.
Auch der Katholische Laienrat Österreichs (KLRÖ) hat einen Fragenkatalog erstellt, dessen Beantwortung durch die wahlwerbenden Parteien für Christinnen und Christen Orientierung im Blick auf ihre Wahlentscheidung bieten soll: www.laienrat.at/nr-wahl-2024
ISSN 2222-2464