15.06.2013

Reformationsjubiläum einladend und offen feiern

Grundsatzdokument zu "Evangelisch Kirche sein. 500 Jahre Reformation" verabschiedet

Einstimmig wurde auf der Generalsynode das Grundsatzdokument zum Reformationsjubiläum 2017 verabschiedet. Foto: epd/Uschmann

Grundsatzdokument zu „Evangelisch Kirche sein. 500 Jahre Reformation“ verabschiedet

Wien (epdÖ) – „Evangelisch Kirche sein. 500 Jahre Reformation“ ist der Titel eines Grundsatzdokuments, das die Evangelischen Kirchen im Vorfeld des Reformationsjubiläums 2017 verabschiedet haben. Die drei reformatorischen Kirchen in Österreich, die lutherische, die reformierte und die methodistische Kirche, gehen in dem Papier auf die weltgeschichtliche Bedeutung der Reformation und die Aktualität der reformatorischen Glaubensbotschaft ein und laden alle Kirchen in Österreich ein, „das Reformationsjubiläum mit uns zu begehen“. Beraten wurde das Grundsatzdokument in den einzelnen Kirchen, am Samstag, 15. Juni, erfolgte der einstimmige Beschluss auf der Generalsynode der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Wien, bei der auch Vertreter der Evangelisch-methodistischen Kirche anwesend waren.

Für den lutherischen Bischof Michael Bünker unterstreicht das Dokument nicht nur die aktuelle Bedeutung der Reformation, sondern zeigt zugleich, wie sich die drei evangelischen Kirchen auf Basis des gemeinsamen Verständnisses der Reformation in der österreichischen Gesellschaft verstehen wollen. Der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld sieht darin auch ein „Signal an die Öffentlichkeit“. In der engen Zusammenarbeit der drei evangelischen Kirchen zeige sich, dass die Kirchengemeinschaft nicht nur auf dem Papier existiere, sondern „immer neu mit Leben erfüllt wird“, meinte der methodistische Superintendent Lothar Pöll vor der Generalsynode.

Die Reformation habe sich nicht allein auf das Bemühen beschränkt, die Kirche von Grund auf zu erneuern, sondern „sie war ein kirchlich-gesellschaftlicher und geistiger Aufbruch mit weltweiter Ausstrahlung bis heute“, wird in dem Dokument unterstrichen. Die von ihr ausgehenden Impulse haben sich, so die evangelischen Kirchen, auf alle Lebensbereiche, auf Politik und Wirtschaft, auf das soziale und private Leben ebenso wie auf Kunst, Wissenschaft und Kultur erstreckt.

In dem Dokument erinnern die drei evangelischen Kirchen an die verschiedenen Wurzeln und vielfältigen Formen der Reformation. Daher wolle man das Reformationsjubiläum 2017 gemeinsam „bedenken und feiern“. Dabei soll auch darüber nachgedacht werden, was aus der reformatorischen Erneuerung der Kirche für die Zukunft und das Miteinander der christlichen Kirchen folgt. Darüber hinaus laden die drei evangelischen Kirchen die gesamte Öffentlichkeit „zum Dialog über die gesellschaftlichen und kulturellen Impulse der Reformation für die gemeinsam zu gestaltende Zukunft“ ein.

Das Reformationsjubiläum sei keine Rückschau, vielmehr stehe die Frage nach den zentralen Inhalten der reformatorischen Glaubensbotschaft und ihren Konsequenzen für die Menschen in Kirche und Gesellschaft heute und in Zukunft im Zentrum. Gleichzeitig wollen die evangelischen Kirchen sichtbar machen, was Evangelische für Österreich in allen gesellschaftlichen Bereichen beigetragen haben. Zum Kern der reformatorischen Glaubensbotschaft gehöre die Erkenntnis, „dass der Mensch von Gott allein in Jesus Christus (solus Christus), allein durch die Gnade (sola gratia) und allein durch den Glauben (sola fide) eine unbedingte Anerkennung (Rechtfertigung) erfährt. Damit werden Identität und Wert der individuellen Person unabhängig von natürlicher Ausstattung, gesellschaftlicher Stellung, individuellem Vermögen und religiöser Leistung begründet.“ Das „Freiheitspotential“ der reformatorischen Botschaft bedinge, dass evangelische Kirchen „für heutige Menschen befreiend und sinnstiftend von Gott reden“, zugleich wirke es sich auch auf die Gestalt von Kirche aus. Die drei evangelischen Kirchen erinnern in dem Grundsatzdokument daran, dass die evangelischen Kirchen nicht hierarchisch aufgebaut sind, dass Frauen und Männer in allen kirchlichen Ämtern gleichberechtigt sind und es keine Überordnung von Pfarrerinnen und Pfarrern gibt. Das reformatorische Prinzip habe auch die Entstehung der Demokratie und der Menschenrechte beeinflusst. Heute bedeute es, dass evangelische Kirchen in Österreich ihre Mitglieder ermutigen, Verantwortung für das Zusammenleben der Menschen wahrzunehmen und dabei politische Auseinandersetzung nicht zu scheuen.

Deutlich unterstrichen wird in dem Papier der Bildungsanspruch der Reformation: „Glaube soll gebildeter Glaube sein“. Dabei komme der Bibel als einziger Quelle für den Glauben „herausragende Bedeutung“ zu. Der Aufklärung, der Moderne und den heutigen gesellschaftlichen Herausforderungen stehen evangelische Kirchen „in kritisch-produktiver Auseinandersetzung“ „grundsätzlich positiv gegenüber, heißt es weiter in dem Dokument. Reformatorische Impulse legten die Grundlinien für ein sozial und ökologisch verantwortetes Wirtschaften, daher seien evangelische Kirchen „diakonische Kirchen, die sich der Nöte der Menschen annehmen, für soziale Gerechtigkeit eintreten und ihre Stimme für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung erheben“.

Angesprochen wird in dem Grundsatzpapier auch die ökumenische Perspektive des Reformationsjubiläums. Dabei weisen die drei evangelischen Kirchen darauf hin, dass die Reformatoren die „eine Kirche“ auf der Grundlage des wiederentdeckten Evangeliums erneuern wollten: „500 Jahre Reformation fordern die gesamte Christenheit dazu auf, über alle konfessionellen Grenzen und Differenzen hinweg nach der Bedeutung der Reformation für die ‚eine, heilige, katholische und apostolische Kirche‘ zu fragen.“ Daher laden die evangelischen Kirchen alle Kirchen der Ökumene ein, das Reformationsjubiläum gemeinsam zu begehen.

Der Weg zum Reformationsjubiläum 2017 ist markiert durch drei Schwerpunktjahre: Heuer steht der diakonische Auftrag der Kirche im Blickpunkt, 2015 dann das Anliegen der Bildung, und 2017 wollen die evangelischen Kirchen „die befreiende Kraft des Glaubens“ ins Zentrum stellen.
Fotos zur Synode (auch in Druckqualität) auf: foto.evang.at/

ISSN 2222-2464

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