07.06.2025

Rasender Rhythmus

Michael Chalupka über hyperaktive Kinder und Erwachsene

Kinder ahmen Erwachsene nach – und die sind dann oft entsetzt darüber. (Foto: Depositphotos/LanaStock)

Michael Chalupka über hyperaktive Kinder und Erwachsene

Marco springt auf. Bezahlt seinen Espresso im Vorübergehen. Er ist schon mitten in einem wichtigen Telefonat. Seine airpods trägt er ständig. So hat er die Hände frei, um am Smartphone seine mails zu checken.

Sabine kaut an ihrer Wurstsemmel und schafft es trotzdem zu sprechen. Zwischen dem Aufstehen und dem Schlafengehen gibt es wenige Momente, während derer Sabine nicht spricht. Sabine teilt sich der Welt mit, ob es die Welt hören will oder nicht.

Marco und Sabine sind Kinder dieser Welt. Sie haben den Dreh raus. Sie drehen sich mit, im rasenden Rhythmus, sie sind aktiv, agil und immer auf Draht.

Marco weiß, was er wert ist, und bekommt das auch täglich bestätigt. „Das Geheimnis des Erfolges ist es, loszulegen!“ ist sein Leitspruch.

Sabine wohnt zur Zeit in einer Therapiegruppe. Sabine ist ein hyperaktives Kind. Ihre Eltern sind erschöpft, sie halten ihr Tempo nicht mehr aus. Sabine passt nicht in unsere Kinderwelt.

Hyperaktive Kinder werden therapiert, hyperaktive Manager sind die Leitbilder unserer Gesellschaft.

Wir stellen den Satz Jesu auf den Kopf: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht ins Himmelreich kommen.“ Aber nicht wir werden wie die Kinder, sondern die Kinder ahmen unsere Welt nach. Sie spiegeln unsere Welt, in der die Leitwerte des Erfolges Aggressivität, Durchsetzungsvermögen und Schnelligkeit sind, und wir sind entsetzt, dass uns unsere Kinder so ähneln.

ISSN 2222-2464

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