Sabrina in Ghana (2013)

Die Medizinstudentin Sabrina Riegler war Ende Juni 2013 sieben Wochen im Krankenhaus in Dormaa Ahenkro in Ghana, einem Projekt, das im Rahmen der Partnerschaft vom Evangelischen Arbeitskreis für Weltmission (EAWM) finanziell unterstützt wird. In ihrem Bericht schreibt sie:

Ich tauchte in eine völlig neue Welt ein und im ersten Moment konnte ich es einfach nicht glauben, da man von Kind auf an einen westlichen Standard gewöhnt ist und ich bis jetzt keine ähnlichen Erfahrungen hatte. Doch mit der Zeit stellte ich fest, dass es auch mit viel einfacheren Mitteln funktionieren kann. Handschuhe, Masken und Desinfektionsmittel als Mangelware, sowie ein OP ohne EKG und nicht funktionsfähige Brutkästen im Kinderintensivzimmer für Frühgeborene. Aufgrund des Ärztemangels sind die Kompetenzen der Krankenschwestern komplett ausgereizt, so wird ein Arzt wirklich nur im äußersten Grenzfall zu Hilfe gerufen, alle anderen Maßnahmen übernehmen die Krankenschwestern und Krankenpfleger selbst. Da es nur 4 Ärzte in diesem Krankenhaus gibt, konzentriert sich ihre Tätigkeit auf die täglichen Visiten, das Stellen der Diagnose, Verordnen der Medikamente oder auf Operationen. In einem 20m² großen Krankenzimmer sind mindestens acht Personen untergebracht.Sabrina Riegler

Sieben Wochen Westafrika – Bericht von Sabrina

Ghana: Ein Land, wo Lasten auf dem Kopf und Babys am Rücken getragen werden, mit den Fingern gegessen und stundenlang auf den Bus gewartet wird. Genau dahin machte ich mich am 22. Juni 2013 auf den Weg, um in einem Krankenhaus in Dormaa Ahenkro (Ghana-Brong Ahafo Region) zu arbeiten.

Vom Manager des Krankenhauses, dessen Frau, deren 3 Monate alten Sohn und einem „Driver“ wurde ich bereits am Flughafen in Accra erwartet und am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg nach Dormaa Ahenkro. Es lag eine 10 stündige Fahrt vor uns, erfüllt von Schlaglöchern, Ecken und Kanten, sodass ich mich selbst nicht mehr spürte. Auf den ausgebauten Straßenteilen rasten wir dann mit 140km/h an den Tafeln mit 50er Geschwindigkeitsbegrenzung vorbei. Auf Ghanas Straßen fährt jeder so wie er will. Und es wird alles Mögliche verkauft: Bleibt man stehen, kommen die Menschen mit ihren Gütern am Kopf angerannt und wollen diese durch das Autofenster verkaufen. Ganz egal ob Nüsse, Wasser, Brot, Obst und vieles mehr.

Als einzige Weiße in einem typisch westafrikanischen Ort, machte ich mich nun daran, mich in die Gesellschaft einzugliedern und völlig neue Erfahrungen zu sammeln.

Das Presbyterian Hospital

Ich tauchte in eine völlig neue Welt ein und im ersten Moment konnte ich es einfach nicht glauben, da man von Kind auf an einen westlichen Standard gewöhnt ist und ich bis jetzt keine ähnlichen Erfahrungen hatte. Doch mit der Zeit stellte ich fest, dass es auch mit viel einfacheren Mitteln funktionieren kann.

Handschuhe, Masken und Desinfektionsmittel als Mangelware, sowie ein OP ohne EKG und nicht funktionsfähige Brutkästen im Kinderintensivzimmer für Frühgeborene.

Aufgrund des Ärztemangels sind die Kompetenzen der Krankenschwestern komplett ausgereizt, so wird ein Arzt wirklich nur im äußersten Grenzfall zu Hilfe gerufen, alle anderen Maßnahmen übernehmen die Krankenschwestern und Krankenpfleger selbst. Da es nur 4 Ärzte in diesem Krankenhaus gibt, konzentriert sich ihre Tätigkeit auf die täglichen Visiten, das Stellen der Diagnose, Verordnen der Medikamente oder auf Operationen.

In einem 20m² großen Krankenzimmer sind mindestens acht Personen untergebracht. Auf der Kinderstation schlafen gemeinsam mit den 8 Patienten jeweils deren Mütter in den Betten. Jedes Bett hat ein Moskitonetz, da es in der Nacht von Moskitos nur so wimmelt und Malaria ein sehr großes Problem in Ghana darstellt.

Die Kindersterblichkeit sank in den letzten 25 Jahren zwar erheblich, liegt jedoch immer noch bei 11,2%. Vor allem Malaria bedeutet für viele Kinder in Ghana ihr Todesurteil und ist bei der Kindersterblichkeit für ein Viertel aller Todesfälle verantwortlich.

In der Regenzeit ist die Infektionsrate von Malaria besonders hoch, deshalb war die Kinderstation während meines Aufenthalts komplett überbelegt. In die Kinderstation sind ein eigenes Zimmer für Kindernotfälle und ein „Kinderintensivzimmer“ integriert. Wir hatten bald eine Rekordanzahl von 14 Babys im Intensivzimmer und keines davon konnte entlassen werden. Die Frühgeborenen zwischen 700 und 1100 Gramm wurden jeweils zu dritt in einem der 3 Inkubatoren untergebracht, Babybettchen reihten sich von einer Seite des Raumes zur anderen und die Mütter kauerten auf Tüchern am Boden, um bei ihren Babys bleiben zu können.

Die Menschen in Ghana haben die Möglichkeit für 12 Cedi (ca. 5 €) im Jahr eine Krankenversicherung abzuschließen. Viele sind versichert und müssen so nicht für den Krankenhausaufenthalt zahlen, alle Medikamente sind jedoch nicht gedeckt und auch für die Verpflegung ist nicht gesorgt. So sind die Menschen im Krankenhaus für sich selbst verantwortlich und müssen sich selber ums Essen und Waschen kümmern. Für mich war das kaum vorstellbar, doch in den großen ghanaischen Familien herrscht ein sehr intensiver Zusammenhalt und die Angehörigen kümmern sich mit Leib und Seele darum, dass ihre Verwandten gut versorgt werden.

Doch genau diese enorme Größe der ghanaischen Familien wird bereits als Problem anerkannt, da es in vielen Fällen die Gesundheit der Frauen gefährdet. Die Hebammen im Presbyterian Hospital versuchen nun nach und nach, durch Aufklärung über Risiken und Gefahren, mit Hilfe von Verhütungsmittel die Geburtenrate der Frauen zu senken, um so ihre Gesundheit zu schützen. Viele Frauen wissen nicht, welchen Risiken sie sich aussetzen, wenn sie 5-10 Kinder zur Welt bringen oder mehr als 3 Kaiserschnitte durchgeführt werden. Oft sind Frauen bereits 1 Monat nach der letzten Geburt schon wieder schwanger und im Durchschnitt bringt eine ghanaische Frau ihr 1. Kind zwischen 16 und 18 Jahren zur Welt.

Aufgrund der hohen Geburtenrate und einer Lebenserwartung von durchschnittlich 63 Jahren ist etwa die Hälfte der Bevölkerung unter 16 Jahre. Und obwohl eine generelle Schulpflicht von neun Jahren besteht, können viele Familien nicht genug Geld aufbringen um all ihren Kindern Bildung zu gewährleisten bzw. ihnen eine Schuluniform zu finanzieren. (Die Schuluniform ist jedoch oft das einzige ordentliche Kleidungsstück, das die Kinder besitzen.) Viele arbeiten vom Kindesalter an auf der Farm der Eltern oder auf der Straße mit. Da es für die Eltern nicht immer möglich ist, all ihre Kinder zu ernähren, werden manche zu fremden Familien geschickt um dort im Haushalt zu helfen und als Gegenleistung Verpflegung, Unterkunft und auch einen Schulbesuch von diesen ermöglicht zu bekommen. Da Schulbildung nicht flächendeckend gesichert ist, sprechen viele Menschen (vor allem in den ländlichen Regionen) kein Englisch, sondern nur „Twi“.

Nach 7 Wochen neuer Erfahrungen, einer lehrreichen Zeit im Krankenhaus und vielen neuen Freundschaften musste ich Ghana wieder verlassen. Aber nur um wieder zurückzukehren, sobald die Chance dazu besteht.Sabrina Riegler

Newsletter abonnieren

Der Newsletter von evang.at mit den wichtigsten Nachrichten des Evangelischen Pressedienstes (epd) ist kostenlos und erscheint in der Regel einmal pro Woche am Mittwoch.