06.06.2016

Philharmoniker-Haus in St. Aegyd eröffnet

Haus des Flüchtlingsdienstes bietet Familien Schutz

„Man will uns mit einem großen Trommelwirbel an Emotionen und vermeintlichen Tatsachen dazu bringen, Mauern und Zäune zu errichten. Wir wollen da entgegenhalten und uns unsere Betroffenheit nicht nehmen lassen. Angekommen als Asylsuchende zu sein, ist Eines, angenommen als Mensch zu sein, ein Anderes", sagte Oberkirchenrat Karl Schiefermair bei der Eröffnung des Hauses in St. Aegyd. (Foto: Diakonie Flüchtlingsdienst/Gasser)

Haus des Flüchtlingsdienstes bietet Familien Schutz

St. Aegyd (epdÖ) – Gemeinsam mit Vertretern des weltbekannten Orchesters hat der Diakonie Flüchtlingsdienst am Sonntagnachmittag, 5. Juni, das „Philharmoniker-Haus“ im niederösterreichischen St. Aegyd eröffnet. Initiiert und finanziert wurde das Haus für Asylsuchende von den Wiener Philharmonikern. Die Idee dazu stammt von Norbert Täubl, einem langjährigen Mitglied des Orchesters, der aus St. Aegyd stammt. Im früheren Gasthaus Stiefsohn sollen künftig schutzbedürftige Familien wohnen, eine alleinerziehende Mutter mit sechs Kindern ist bereits in das adaptierte Haus eingezogen.

Für Andreas Großbauer, Vorstand der Philharmoniker, war es ein „Freudentag“. Er zeigte sich bei der Eröffnung beeindruckt, dass dieses Projekt, das von einem Benefizkonzert ausging, mit dem „wunderbaren Partner Diakonie“ realisiert werden konnte. Die Projektsumme von 250.000 Euro (Kaufpreis, Adaption, Umbau) wurde teils aus eigenen Mitteln der Philharmoniker, teils durch Spenden aufgebracht, in knapp zwei Monaten konnten die Philharmoniker dann noch 75.000 Euro durch Crowdfunding akquirieren. Auch nach der Eröffnung wollen sie für ihr Haus Verantwortung übernehmen. So kann sich Großbauer vorstellen, dass hier auch Konzerte stattfinden oder Mitglieder des Orchesters Musikunterricht geben.

Das Philharmoniker-Haus sei ein „fast biblisches Wunder“, meinte Oberkirchenrat Karl Schiefermair bei der Feier. Schiefermair, der in der gesamtösterreichischen evangelischen Kirchenleitung für den Bereich Diakonie zuständig ist, dankte nicht nur den Initiatoren und den MitarbeiterInnen des Flüchtlingsdienstes, sondern besonders auch den vielen Ehrenamtlichen vor Ort, die sich bei der Vorbereitung und nun auch in der Betreuung engagieren. Dies sei nicht selbstverständlich: „Man will uns mit einem großen Trommelwirbel an Emotionen und vermeintlichen Tatsachen dazu bringen, Mauern und Zäune zu errichten. Wir wollen da entgegenhalten und uns unsere Betroffenheit nicht nehmen lassen. Angekommen als Asylsuchende zu sein, ist Eines, angenommen als Mensch zu sein, ein Anderes.“ Die Angst, selbst womöglich zu kurz zu kommen, dürfe „unsere Seele nicht vergiften“ und Flüchtlingen die Türen nicht verschließen. Denn nach der Bibel stehen Fremde unter einem besonderen Schutz, so der Oberkirchenrat.

Mit einer ökumenischen Segensfeier, die der Rektor der Diakonie Eine Welt, Michael Bubik, gemeinsam mit der niederösterreichischen Superintendentialkuratorin Gisela Malekpour und dem römisch-katholischen Ortspfarrer gestaltete, wurde das Haus feierlich eröffnet. Damit „gelingendes Leben für alle möglich ist“, sei noch „viel zu tun“, sagte Michael Bubik, und die Geschäftsführerin des Diakonie Flüchtlingsdienstes, Alexandra Gröller, hofft, „dass das Philharmoniker-Haus zum sicheren Hafen für Menschen nach einer gefahrvollen Flucht“ wird. Die Glückwünsche des Landeshauptmanns überbrachte der Nationalratsabgeordnete Friedrich Ofenauer. Dank für die „klare Positionierung und Haltung“ kam auch vom Landtagsabgeordneten Günther Sidl. Das Haus sieht Sidl als „Schlüssel zur Integration“, da hier auch Sprachkurse angeboten werden.

Umrahmt wurde die Eröffnungsfeier, die Barbara Rett moderierte, von der Blasmusikkapelle St. Aegyd und dem Ensemble BePhilharmonic sowie einer Ausstellung des afghanischen Künstlers Ali Ahmadi und der Niederösterreicherin Anna Zöchling.

ISSN 2222-2464

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