09.02.2015

Peace Brunch: Religionsvertreter für furchtlosen Dialog

Schiefermair: Keine Alternative zum respektvollen Gespräch

Im Stift Melk traten Religionsvertreter für einen "furchtlosen Dialog" ein. Auf dem Bild von links nach rechts: Gerhard Weißgrab, Präsident der Buddhistischen Religionsgesellschaft, Oberkirchenrat Karl Schiefermair, der Abt des Stifts Melk Georg Wilfinger und Tarafa Baghajati von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. Foto: epd/Schönwälder

Schiefermair: Keine Alternative zum respektvollen Gespräch

St. Pölten (epdÖ) – Nur wenn man die gegenseitige Furcht voreinander ablegt und vorurteilsfrei in einen Dialog tritt, ist ein friedliches Zusammenleben aller Religionen möglich. Das war der Tenor eines „Peace Brunch“ mit christlichen, jüdischen, muslimischen und buddhistischen Religionsvertretern am Sonntag, 8. Februar, im niederösterreichischen Stift Melk. Es gebe verschiedene Auffassungen von Vergeltung und Vergebung, aber keine Alternative zum respektvollen Gespräch, sagte der evangelisch-lutherische Oberkirchenrat Karl Schiefermair bei dem Treffen. Schiefermair erinnerte an die Orientierungshilfe „Respektvoll miteinander“, die die Generalsynode im Herbst 2011 beschlossen hatte. Solche Orientierungshilfen seien in einer komplexen und unüberschaubaren Welt „bitter nötig“, ist Schiefermair überzeugt. Denn nach wie vor spielten Religionen in der gesellschaftspolitischen Realität „eine tragende Rolle – im Guten wie auch im Schlechten“. Eine respektvolle Begegnung erfordere „vorurteilslose Kenntnis voneinander“. Nur diese könne zu einem konstruktiven Zusammenleben beitragen. Dabei reiche es nicht, Gemeinsames und Verbindendes zu suchen, es müsse auch gelebt werden.

Der international bekannte Benediktinermönch und Buchautor David Steindl-Rast betonte etwa, dass Friede nur dann gelingen könne, wenn die Menschen „einander furchtlos entgegentreten“. Besonders in einer Situation wie heute, in der die ganze Welt von Angst geprägt sei, sei der Dialog das einzige wirksame Mittel für eine friedliche Zukunft. Furcht sei hingegen der falsche Weg, aus ihr würden Gewalt, Rivalität und Habsucht entstehen.

Der „Peace Brunch“ bildete den Auftakt der diesjährigen „Woche der Vereinten Nationen zur Harmonie der Religionsgemeinschaften“ in Österreich. Die Woche wird weltweit seit 2010 international begangen und geht auf einen Vorschlag des jordanischen Königs Abdullah II. zurück. Der jordanische Botschafter in Österreich, Hussam Al Husseini, erinnerte in Melk daran, dass in seinem Heimatland alle drei monotheistischen Religionen Wurzeln hätten. Der Brunch sei ein wichtiges Zeichen dafür, dass es möglich ist, Barrieren zu überwinden und die gemeinsamen Werte aller Religionen zu stärken. Als symbolischen Akt pflanzten die Religionsvertreter zwei Olivenbäume aus Jordanien, die in Zukunft als Friedenssymbole im Klostergarten des Stiftes stehen werden.

Stift Melk sei schon immer ein Ort des Dialogs gewesen, hob Abt Georg Wilfinger bei der Veranstaltung, die von den Wiener Sängerknaben mit traditionellen Liedern aus Judentum, Islam, Buddhismus und Christentum begleitet wurde, hervor. Interreligiöser Dialog scheitere jedoch oft am mangelnden gegenseitigen Verständnis. „Wo Verständnis fehlt, nehmen oft Misstrauen und Angst eine große Rolle ein. Das kann man aber nur verhindern, wenn man einander zuhört“, so der Abt.

Aloisa Wörgetter, Leiterin der „Task Force Dialog der Kulturen und Religionen“ im Außenministerium, betonte, dass sich Österreich auch auf offizieller Ebene sehr um den interreligiösen Dialog bemühe. Zwar sei der interreligiöse Dialog kein Werkzeug um rasche Problemlösungen zu erwirken, auf lange Sicht sei er aber sehr wichtig für konstruktive Lösungen. Der Dialog müsse aber auch in die Zivilgesellschaft weitergetragen werden.

Interreligiöser Dialog muss „hinaus auf die Straße“

Für Niederösterreichs Landeshauptmannstellvertreter Wolfgang Sobotka ist Dialog heutzutage „wichtiger denn je“, um der Ungerechtigkeit, die in vielen Teilen der Welt im Namen der Religion passiere, etwas entgegenzusetzen. Es reiche jedoch nicht aus, den Dialog immer nur dann zu beschwören, wenn man in den Medien mit Schreckensbildern konfrontiert werde. Vielmehr sei Dialog ein Auftrag, im Alltag nicht auszugrenzen oder vorzuverurteilen.

Tarafa Baghajati von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) bemängelte, dass der interreligiöse Dialog viel zu sehr von Experten hinter verschlossenen Türen diskutiert würde. „Wir müssen versuchen, die Anliegen des interreligiösen Dialogs hinaus auf die Straße, in die Schulen, Kirchen, Moscheen und Synagogen zu holen“, appellierte Baghajati. Nur auf diese Weise könne Dialog erfolgreich sein.

Dass den Worten auch Taten folgen müssen, unterstrich auch der Generalsekretär des Bundesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden, Raimund Fastenbauer. „Man muss sich überlegen, warum es so viele interreligiöse Treffen gibt und sich auf der Welt trotzdem nichts verändert“, meinte Fastenbauer und forderte mehr Offenheit und echtes Bemühen. Für Gerhard Weißgrab von der Buddhistischen Religionsgesellschaft ist Frieden auf der Welt ohne Frieden zwischen den Religionen nicht denkbar. Auch er plädierte dafür, klar Stellung zu beziehen und so in einen offenen respektvollen Dialog zu treten.

ISSN 2222-2464

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