26.10.2011

Orientierungshilfe zum Verhältnis Christentum und Islam

Generalsynode: "Begegnungen und Dialog zwischen evangelischen Christen und Muslimen intensivieren"

Die eigene Identität bewahren und dennoch anderen Religionen mit Respekt und Toleranz begegnen, ist für Susanne Heine (hier vor der Synode) ein zentrales Anliegen des neuen Papiers.

Generalsynode: „Begegnungen und Dialog zwischen evangelischen Christen und Muslimen intensivieren“

Leibnitz (epdÖ) – Eine umfangreiche Orientierungshilfe zum Verhältnis zwischen Christen und Muslimen in Österreich hat die Generalsynode der Evangelischen Kirche A.u.H.B. am Mittwoch, 26. Oktober, bei ihrer Tagung in Leibnitz verabschiedet. „Wir verstehen die Orientierungshilfe als unseren Beitrag zum Zusammenleben mit dem Islam in Österreich“, sagte Bischof Michael Bünker vor den Delegierten, die das vom Theologischen Ausschuss erarbeitete Papier nach angeregter Diskussion mit nur einer Gegenstimme angenommen haben. Bünker sieht die Orientierungshilfe als „sehr wichtiges Signal und als einen Beitrag zum Frieden in qualitätsvoller Weise, eben nicht auf dem Boden von Vorurteilen und Ressentiments“. Probleme würden nicht verschwiegen, dennoch werde der Gesprächspartner „nicht auf Probleme festgelegt“, so der Bischof.

Das Thema „brennt uns unter den Nägeln“, erklärte der steirische Superintendent Hermann Miklas, der zugleich Vorsitzender des Theologischen Ausschusses ist. Die Erfahrung zeige, dass es kirchliche Standards im Umgang mit Musliminnen und Muslimen brauche, die nicht unterschritten werden dürften. Insofern sei es notwendig gewesen, ein Dokument aus einer österreichischen und evangelischen Perspektive zu erstellen. Dem Abschluss des Papiers sei ein langer Prozess vorausgegangen, an dem in erster Linie die Wiener Theologin Susanne Heine und der oberösterreichische Superintendent Gerold Lehner beteiligt waren. Um dem muslimischen Selbstverständnis so gut wie möglich gerecht zu werden, wurden aber auch Rückmeldungen von muslimischen Wissenschaftern und Wissenschafterinnen eingeholt.

Ziel der Orientierungshilfe sei es, zum sozialen Frieden in Österreich beizutragen, betonte Susanne Heine. „Christentum und Islam sind und bleiben verschiedene Religionen.“ Aus der eigenen Identität als evangelische Christinnen und Christen sei es aber möglich, Menschen anderer Religionen mit Respekt zu begegnen und ihre Traditionen zu achten, wie es auch am Anfang der Präambel heißt. Gerade die Vielgestaltigkeit unter den Musliminnen und Muslimen soll aufgezeigt werden. Gedacht sei das Papier für Multiplikatoren wie etwa ReligionslehrerInnen oder Islambeauftragte.

Die Orientierungshilfe versucht in sieben Kapiteln Musliminnen und Muslime gemäß dem Selbstverständnis ihrer eigenen Religion und ihren eigenen Traditionen wahrzunehmen und zugleich der Selbstwahrnehmung von evangelischen Christinnen und Christen zu dienen, komplexe Sachverhalte nicht zu vereinfachen und wechselseitige klischeehafte Zuschreibungen nicht weiterzuführen, Berührungspunkte und Ähnlichkeiten zwischen den beiden Religionen und religiösen Traditionen ebenso wie Unterschiede aufzuzeigen und schließlich konkrete Begegnungen vor Ort zu unterstützen. Ziel sei es, die Begegnung zwischen ChristInnen und MuslimInnen zu intensivieren und den Dialog zwischen Menschen beider Religionen voranzutreiben.

Besonders das dritte Kapitel nimmt die spezielle Lage der Musliminnen und Muslime in Österreich zur Kenntnis, die organisiert als Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) vor dem Gesetz christlichen Kirchen gleichgestellt sind. Dieses Papier dokumentiere den Demokratisierungsprozess der IGGiÖ, gäbe einen Überblick über die unterschiedlichen muslimischen Strömungen und Traditionen in Österreich – von Türken über Aleviten bis zu den Salafisten, es gehe aber auch auf verschiedene Formen des Extremismus ein, erläuterte Heine.

Mit dem Papier wünschen sich die evangelischen Kirchen, „dass das Gespräch auf verschiedenen Ebenen geführt und auch von muslimischer Seite initiativ angestoßen und unterstützt wird“. Viele Synodale zeigten sich im Schloss Seggau – dem Tagungsort der Synode – bewegt, dass das Papier gerade am österreichischen Nationalfeiertag angenommen wurde.

ISSN 2222-2464

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