12.11.2014

Oberkirchenrätin Reiner: Wien droht Charme zu verlieren

Gegen "Tourismuszonen", die Sonntagsöffnung ermöglichen

Im Bild: Oberkirchenrätin Dr. Hannelore Reiner (Foto: Uschmann/epdÖ)

Gegen „Tourismuszonen“, die Sonntagsöffnung ermöglichen

Wien (epdÖ) – „Tourismuszonen“ heißt das Zauberwort, mit dem die Wiener Wirtschaftskammer derzeit versucht, die Geschäfte in der Wiener Innenstadt auch sonntags offen zu halten. Noch bis zum 5. Dezember läuft diesbezüglich eine Abstimmung unter den Mitgliedern der Wirtschaftskammer. „Es ist verständlich, dass die Wirtschaft versucht, andere Quellen zu erschließen, um die Umsätze zu steigern“, sagt Oberkirchenrätin Hannelore Reiner dazu gegenüber epd Ö. Reiner, Vertreterin der Evangelischen Kirche in der „Allianz für den freien Sonntag“: „Wien verliert an Charme und an Besonderheit, wenn nun, wie in allen anderen Städten auch, sonntags die Geschäfte geöffnet haben.“ Die Wirtschaftskammer betont, dass es zum modernen Städtetourismus dazugehöre, auch am Sonntag shoppen zu können. Dagegen unterstreicht Reiner: „Gerade Wien ist berühmt für seinen besonderen Charakter, der durch die Kaffeehäuser, die Fiaker und die etwas langsamere Lebensart geprägt ist. Das alles geht verloren, wenn unsere Hauptstadt so wie alle anderen Metropolen sonntags geöffnet hat.“

Reiner stammt selbst aus einer Tourismusregion am Attersee. Dort sei es früher normal gewesen, dass die Geschäfte zumindest zwei Stunden sonntags geöffnet hatten, „einerseits für die Touristen, andererseits auch für die Einheimischen, die so nach dem Gottesdienst noch die Möglichkeit zum Einkaufen hatten“. Das habe sich heute verändert: „Der Greißler am Ort hat am Sonntag geschlossen, weil es genug Geschäfte gibt, die geöffnet haben.“ Das sei auch in Wien der Fall: „Der tägliche Bedarf an Lebensmitteln kann ja längst sonntags in Wien eingekauft werden, in den Bahnhöfen etwa. Aber die Innenstadt braucht keine geöffneten Geschäfte, die ja überall gleich sind. Das bringt nur dasselbe Geschiebe und Gedränge wie überall sonst, und die Stadt mit ihrem Charme bleibt auf der Strecke.“

Auch Bischof Ludwig Schwarz, Sprecher der Allianz für den freien Sonntag, wies bei einer Tagung der Allianz mit dem Thema „Recht auf Sonntag“ kürzlich auf den individuellen und gesellschaftlichen Wert des freien Sonntags hin: „Die Menschen haben ein Recht auf den Sonntag. Der freie Sonntag ist ein Symbol der Freiheit und des gesellschaftlichen Zusammenhalts.“ Statt einer weiteren Flexibilisierung bräuchten die Menschen „verlässliche Zeit“.

Weitere Informationen unter www.freiersonntag.at

ISSN 2222-2464

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Wien | Reiner

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