20.07.2011

Nachlese zur Sommerakademie Kremsmünster

"Auch Gott ist ein Fremder. Fremdsein - Toleranz - Solidarität": Sommerakademie Kremsmünster fand vom 13. bis 15. Juli statt - Bünker: Kritik am neu in Kraft getretenen Fremdenrecht

Im Stift Kremsmünster fand die 13. Ökumenische Sommerakademie statt. Foto: wikimedia, H. Raab

„Auch Gott ist ein Fremder. Fremdsein – Toleranz – Solidarität“: Sommerakademie Kremsmünster fand vom 13. bis 15. Juli statt – Bünker: Kritik am neu in Kraft getretenen Fremdenrecht

Kremsmünster (epdÖ) – „Auch Gott ist ein Fremder. Fremdsein – Toleranz – Solidarität“, unter diesem Motto stand die 13. Ökumenische Sommerakademie in Kremsmünster vom 13. bis 15. Juli. „Religion und Glaube spielen eine positive, unterstützende Rolle bei der Integration von Migrantinnen und Migranten. Dies belegen die Arbeit kirchlicher Einrichtungen und das große Engagement vieler Pfarrgemeinden sowie einzelner Christinnen und Christen“, sagte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker als Vertreter des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) bei der Eröffnung. Die Schlüsselfaktoren für gelungene Integration seien Bildung sowie angemessene Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten und die Gewährung von Teilhaberechten am gesellschaftlichen und politischen Leben, so der stellvertretende Vorsitzende des ÖRKÖ. Wie die Kirchen gemeinsam mit der Israelitischen Kultusgemeinde und der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich bereits im Jänner 2009 öffentlich erklärt haben, sei Integration mit diesen Zielsetzungen möglich.

Schon in der Antike, aber auch in der Heiligen Schrift sei das Thema Fremdsein prominent vertreten. In ihr finde sich eine gute fremdenfreundliche Tradition, wenngleich es auch in der Bibel „Ethnozentrismus, Mischehen-Verbot, Ausgrenzung der Fremden bis hin zur Vernichtung der Anderen“ gebe. „Es kommt darauf an, mit welcher Brille und mit welchem Interesse man die einzelnen biblischen Texte liest.“

„Immer dasselbe alte Lied“

In seiner Rede ging Bünker auch auf zwei aktuelle Ereignisse ein, die bezeichnend für den Umgang Österreichs mit Fremden seien. Das am 1. Juli in Kraft getretene neue Fremdenrecht beinhalte zwar einige wenige Schritte in die richtige Richtung wie etwa die Rot-Weiß-Rot-Card, insgesamt sieht der Bischof darin aber eine weitere Verschärfung der Bestimmungen und eine Verschlechterung der Lage insbesondere für Asylsuchende. „Das ist ja ein altes Lied, das in den letzten Jahren stets lauter und lauter gesungen wird, kein Zufall, dass die Kirchen und Religionen da nicht einstimmen wollen“, erinnerte Bünker. Der Integrationsbericht des Innenministeriums für das Jahr 2010 zeige, dass der harte Kern der fremdenfeindlich Gesinnten in Österreich offenkundig zurückgehe. Gleichzeitig würde es nach wie vor vielen Menschen schwerfallen, Zuwanderung positiv zu sehen.

„Die Begegnung mit dem Fremden bedeutet, die Differenz auszuhalten. In den Zwischenräumen besteht die Chance, eine neue, ganz andere Wirklichkeit entstehen zu lassen“, sagte die oberösterreichische jüdische Autorin Anna Mitgutsch in ihrer Eröffnungsrede. Im Blick auf innerweltliche Fremdheit mahne die Thora dazu, den Fremden zum Teil der Welt werden zu lassen. Notwendig sei dazu die ständige Auseinandersetzung.

Christen und Muslime: Gemeinsames „Wir“ finden

Der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide (Münster/Westfalen) eröffnete den zweiten Tag der Sommerakademie mit einem Vortrag über Probleme der Identitätsfindung junger Muslime in Europa. Es gehöre zu den großen Aufgaben, zwischen Christen und Muslimen ein „gemeinsames ‚Wir'“ zu finden und Europas Identität als gemeinsame jüdisch-christlich-islamische Identität zu begreifen, so der Experte. Am Fremden entdecke das Eigene seine Grenze, darauf verwies die evangelische Theologin Susanne Heine in ihrem Vortrag „Das Fremde zwischen Faszination und Bedrohung“ (siehe nächste Meldung).

Am letzten Tag der Veranstaltung tauschten Diakonie-Direktor Michael Chalupka, der Innsbrucker Diözesanbischof Manfred Scheuer und der serbisch-orthodoxe Erzpriester Drago Vujic „Reflexionen aus der kirchlichen und gesellschaftlichen Praxis“ bei einer Podiumsdiskussion aus. Mit einem ökumenischen Gottesdienst wurde die Veranstaltung traditionsgemäß abgeschlossen.

Die Ökumenische Sommerakademie Kremsmünster ist eine Veranstaltung des ORF Oberösterreich, der Religionsabteilungen des ORF in Fernsehen und Hörfunk, des Evangelischen Bildungswerkes Oberösterreich, des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz, der Linzer Kirchenzeitung, des Stifts Kremsmünster und des Landes Oberösterreich.

ISSN 2222-2464

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