10.12.2008

Miklas: Keine „Ja, aber“-Haltung gegenüber Menschenrechten

60 Jahre Deklaration der Menschenrechte: Ökumenisches Forum in der Steiermark lud zum Empfang

60 Jahre Deklaration der Menschenrechte: Ökumenisches Forum in der Steiermark lud zum Empfang

Graz (epd Ö) – Auch in Demokratien westlicher Prägung sei zunehmend eine „Ja, aber“-Haltung gegenüber Menschenrechten zu beobachten, konstatierte der Vorsitzende des Ökumenischen Forums in der Steiermark, Superintendent Hermann Miklas, bei einem Empfang, zu dem die Kirchen anlässlich des 60. Jahrestages der Deklaration der Menschenrechte am Dienstagabend, 9. Dezember, in den Sitzungssaal des steirischen Landtags geladen hatten. In „Sonntagsreden“ höre man oft ein Bekenntnis zur universellen Geltung der Menschenrechte, gleichzeitig würden jedoch nicht nur in Guantanamo sondern auch in Österreich, etwa im Umgang mit Asylsuchenden, „täglich, subtil, gerade noch unter der Grenze des offenen Skandals“ Menschenrechte verletzt. Wo doch die Grenzen sichtbar überschritten werden, fallen die späteren Strafverfahren „meist sehr milde aus“, kritisierte der Superintendent.

Als „Gewissen der Gesellschaft“ komme den Kirchen die Aufgabe zu, „die Stimme zu erheben für die, die selbst kaum mehr Stimme haben“. Wo Politik sich der Umsetzung der Menschenrechte verpflichte, „sichern wir als Kirchen unsere volle Unterstützung zu“, sagte Miklas. Das dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch namhafte Religionen und Kirchen gebe, „die sich mit den Menschenrechten nicht identifizieren“ könnten. Wollen die Menschenrechte nicht ein „westlicher Ansatz“ bleiben, brauche es eine breite Grundlagendiskussion, an der sich intensiv die drei großen monotheistischen Religionen, das Judentum, das Christentum und der Islam, beteiligen sollten. Miklas zeigte auch auf, dass gerade in Ländern, in denen Staat und Religion einen engen Konnex eingehen, das Recht auf Religionsfreiheit an seine Grenzen stoße.

Bei dem Empfang ging der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Ludwig Adamovich, auf die Entstehungsgeschichte der Menschenrechte ein. Erstmals seien hier soziale Rechte und Freiheitsrechte in einem gemeinsamen Dokument behandelt worden. Die Menschenrechte selbst, so Adamovich, seien allerdings ein „ziemlich zahnloses Unterfangen“, da die Nichteinhaltung praktisch keine Sanktionen nach sich ziehe. Sie hätten aber politische Signalwirkung gehabt und seien später in rechtsverbindlichere Dokumente eingeflossen wie etwa in die europäische Menschenrechtskonvention oder zum Teil auch in nationales Recht. „Wie immer bei der Festschreibung ähnlich hehrer Idealvorstellungen stellen sich die eigentlichen Probleme erst dort, wo Grenz- oder Dilemmasituationen auftreten, die konkrete Entscheidungen erfordern“, sagte der Verfassungsjurist. Zugleich zeigte sich Adamovic besorgt, „dass zunehmend auch seriöse Juristen in Demokratien westlicher Prägung ernsthaft darüber nachdenken, wie man einzelne Formulierungen der Menschenrechtsdeklaration legal umgehen oder aber abschwächen könnte“.

Im Anschluss an den Festvortrag wurde der Wechsel im Vorsitz des Ökumenischen Forums christlicher Kirchen offiziell vollzogen. Auf den evangelischen Superintendenten Hermann Miklas folgt der römisch-katholische Bischofsvikar Heinrich Schnuderl. Es sei „nicht selbstverständlich“, dass in der Ökumene ein Vertreter der zahlenmäßig weitaus größten Kirche den Vorsitz übernehme, sagte der neue Vorsitzende und bedankte sich insbesondere für das Vertrauen der kleineren Kirchen.

ISSN 2222-2464

Diesen Beitrag teilen

Newsletter abonnieren

Der Newsletter von evang.at mit den wichtigsten Nachrichten des Evangelischen Pressedienstes (epd) ist kostenlos und erscheint in der Regel einmal pro Woche am Mittwoch.