05.08.2021

Medizinethiker Körtner: Dauerhafte Gratis-Tests „nicht gerecht“

Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen denkbar

Mehr Druck auf Impfunwillige sei auch eine Frage der Solidarität, meint Körtner. Foto: ccnull/Tim Reckmann/cc by sa 2.0

Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen denkbar

Wien (epdÖ) – Nachdem es mittlerweile genügend Impfstoff für die gesamte Bevölkerung gibt, sei es „eine Frage der Solidarität, aber auch der Gerechtigkeit, den Druck auf diejenigen, die sich nach wie vor nicht impfen lassen wollen, zu erhöhen“. Das hat der Wiener Medizinethiker und evangelische Theologe Ulrich Körtner am Donnerstag, 5. August, auf zur aktuellen Debatte rund um das mögliche Ende der Gratis-Corona-Tests gesagt. Solche Tests seien bei der Bekämpfung der Pandemie nur eine „Brückentechnologie“ auf dem Weg zu flächendeckenden Impfungen, meinte Körtner gegenüber der Nachrichtenagentur „kathpress“. Dies gelte freilich nicht für Menschen, denen es aus bestimmten Gründen unmöglich ist, sich impfen lassen. Für diese Gruppe müsse es natürlich weiterhin die Möglichkeit geben, sich kostenfrei testen zu lassen, so Körtner.

Sowohl Impfungen als auch Testungen werden bislang flächendeckend kostenlos angeboten. „Beides ist mit hohen Kosten verbunden, für die letztlich alle Bürger aufkommen müssen, sei es über Steuern, sei es über die Krankenkassenbeiträge.“ Es sei nicht gerecht, dass die Allgemeinheit weiterhin für regelmäßige Tests von Impfunwilligen aufkomme, zumal die Impfung zum einen die weitaus wirksamere Strategie sei und zum anderen auch die kostengünstigere. Darüber hinaus widerspreche es der Forderung nach einem sorgsamen Umgang mit Ressourcen im Gesundheitswesen, laufe somit dem Gerechtigkeitsprinzip im solidarisch finanzierten Gesundheitswesen zuwider und fördere auch noch ein egoistisches Verhalten, gab der Medizinethiker zu bedenken.

Gründe für Impfunwilligkeit müssen eruiert werden

Als „flankierende Maßnahme“ sei für Körtner auch eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen – Gesundheitsberufe, Pädagogen oder andere körpernahe Berufe wie Friseure oder Fußpflegende – „kein Tabu“. Insgesamt sollte das Gewicht der Bemühungen, die Impfquote zu erhöhen aber nach wie vor in erster Linie auf Aufklärung, Überzeugungsarbeit und gewissen Anreizen bestehen. Klar abzulehnen seien in diesem Zusammenhang allerdings Geldanreize, meinte der Theologe. Es sei aber weiterhin wichtig, die Gründe zu eruieren, warum sich Menschen nicht impfen lassen wollen. Körtner verwies in diesem Zusammenhang auf eine Studie des Austrian Corona Panel Project (ACPP) an der Universität Wien.

Es gebe zwar grundsätzlich ein Recht auf gesundheitsgefährdendes Verhalten und keine Verpflichtung, Menschen in allen denkbaren Fällen vor sich selbst zu schützen. Dies gelte aber nur, wenn durch ihr Verhalten keine Dritten gefährdet werden, betonte Körtner. „Hier gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Das sehe ich bei einer Regelung, wonach Impfunwillige künftig ihre Tests selbst zahlen sollen oder möglicherweise auch andere Einschränkungen in Kauf nehmen müssen, gewahrt“, so der Wiener Medizinethiker abschließend.

ISSN 2222-2464

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