21.05.2015

Leppin: Reformation hat Bildung in die Breite gebracht

Dinge zu hinterfragen ist Eckpfeiler evangelischen Christentums

"Ich würde mir wünschen, dass sich die Konfirmanden und Konfirmandinnen im Unterricht zum Beispiel mit der Predigt des letzten Gottesdienstes kritisch auseinandersetzen", so Volker Leppin bei seiner Vorlesung zum Thema Reformation und Bildung am 21. Mai in Wien. (Archivbild; Foto: Wikipedia/Concord)

Dinge zu hinterfragen ist Eckpfeiler evangelischen Christentums

Wien (epdÖ) – Die Reformation war ein Impuls, der Bildung einer breiteren Bevölkerungsschicht zugänglich gemacht hat. Das betonte der deutsche evangelische Theologe und Professor für Kirchengeschichte an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Volker Leppin, bei seinem Vortrag mit dem Titel „Bildungsimpulse der Reformation“ am Mittwochabend, 20. Mai, in Wien. Der Vortrag fand im Rahmen der Ringvorlesung „Reformation und Bildung“ statt.

Leppin unternahm in seinem Vortrag einen historischen Abriss der Bildungsbestrebungen während des 16. Jahrhunderts. Eine Vorbedingung für die Bildungsbestrebungen der Humanisten rund um Martin Luther und Philipp Melanchthon sah Leppin in der tiefen Bildungskrise, in der sich der deutschsprachige Raum um 1500 befand. Der Wille zur Neuausrichtung der Bildung sei aber schon vor der Reformation spürbar gewesen, dabei verwies Leppin auf die Antrittsrede Melanchthons an der Universität Wittenberg aus dem Jahr 1518. „Bereits zu diesem Zeitpunkt forderte er einen fundamentalen Bruch mit dem alten Lehrsystem und eine für die damalige Zeit revolutionäre Studienreform“, so Leppin. Diese hätte ein zielorientiertes Lernen mit klaren Strukturen in den städtischen Bildungseinrichtungen zur Folge gehabt.

Melanchthon und Luther lernten sich 1518 kennen und ergänzten sich fortan in ihren reformatorischen Vorhaben. Während Luther allerdings die Bildung in erster Linie als Mittel zum Erlernen der christlichen Lehre verstand, war Melanchthon um ein möglichst breites Bildungsprogramm bemüht. Religion sollte in seiner Vorstellung nur einen Teil einer klassisch-humanistischen Bildung einnehmen.

Später brachte die Reformation einen katalysatorischen Impuls für die Bildung, indem die breite Masse der Bevölkerung das Lesen mit Hilfe von Luthers Katechismus erlernte. Diese selbstverständliche Verbindung ist für Leppin der Punkt, an dem Bildung durch einen evangelischen Impuls in die Breite gebracht wurde. Die Menschen hätten dadurch zum ersten Mal nachprüfen können, was ihnen in der Kirche erzählt wurde, und seien so zu einem großen Teil mündiger geworden.

Heute sieht Leppin den Impuls, etwas zu hinterfragen, immer geringer werden. „Ich würde mir wünschen, dass sich die Konfirmanden und Konfirmandinnen im Unterricht zum Beispiel mit der Predigt des letzten Gottesdienstes kritisch auseinandersetzen.“ Dies müsse jedoch auch von den PfarrerInnen gewollt und unterstützt werden, sei aber wünschenswert, da es zu den genuinen Eckpfeilern evangelischen Christentums gehöre, Dinge zu hinterfragen.

Die Ringvorlesung „Reformation als Herausforderung für die Bildungslandschaft heute“ wird von mehreren Fakultäten der Universität Wien, von der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems sowie der Evangelischen Kirche in Österreich veranstaltet. Weitere Informationen zur Ringvorlesung und alle weiteren Termine finden Sie im Internet unter: bit.ly/1IyhkkC

ISSN 2222-2464

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