10.11.2004

Lein: Kirche soll Salz und Licht in säkularer Großstadt sein

Wiener Superintendentialversammlung diskutiert Neustrukturierung der Superintendenz

Wiener Superintendentialversammlung diskutiert Neustrukturierung der Superintendenz

Wien (epd Ö) – “Wir sind eine lebendige, fröhliche, einladende, feiernde Gemeinschaft, eine gesellschaftskritische, diakonische und kinderfreundliche Kirche.“ So beschrieb der Wiener Superintendent Mag. Hansjörg Lein bei der Wiener Superintendentialversammlung am 6. November seine Vision von der Evangelischen Kirche A.B. in Wien. Bei der Superintendentialversammlung, die eine Neugestaltung der Wiener Superintendenz zum Thema hatte, beschrieb Lein sein Bild von Kirche als einer „vom Geist Gottes inspirierten Organisation mit einer kundenfreundlichen Verwaltung und kompetenten MitarbeiterInnen“. Kirche sei als „wanderndes Gottesvolk unterwegs im Gespräch und in der Auseinandersetzung mit Andersgläubigen und Andersdenkenden, als Salz und Licht mitten in der säkularen Großstadt mit all ihren Möglichkeiten, verlockenden Angeboten und Problemen“.

Der Superintendent verwies darauf, dass der derzeitige Aufbau der kleinen Evangelischen Kirche in Österreich für strukturelle Spannungen und Machtkonflikte sorge. So stehe dem presbyterial-synodalen Prinzip das episkopale Prinzip gegenüber, der Gemeindeautonomie die Gesamtkirche, den geistlichen AmtsträgerInnen die weltlichen und den hauptamtlichen MitarbeiterInnen die ehrenamtlichen. Dazu erklärte Lein unter Berufung auf Martin Luther: „Auch wenn der Auftrag der Kirche gleich bleibt, sind doch ihre Strukturen einem ständigen Wandel zu unterziehen.“

Bischof Sturm: Menschen außerhalb der Kirche berücksichtigen

Für eine Berücksichtigung der „Menschen außerhalb unserer Kirche“ plädierte Bischof Mag. Herwig Sturm bei der Superintendentialversammlung. Es gehe um die gesellschaftliche Präsenz der Evangelischen Kirche in Wien. „Wir sollten erreichbar sein und kompetent Auskunft geben können“, forderte Sturm. Dies könne nur eine eigens dafür eingerichtete kirchliche Stelle leisten.

Ein von der Superintendentialversammlung im April 2002 eingesetztes Projektteam hatte Vorschläge zur Errichtung eines „Competence-Centers“ ausgearbeitet, das den Wiener Pfarrgemeinden Dienstleistungen wie die Einhebung des Kirchenbeitrags oder die Personalverrechnung anbieten soll. Wichtigste Grundlage des Projekts war die Trennung der geistlichen von den organisatorischen und wirtschaftlichen Aufgabenbereichen in der Superintendenz. Die Ergebnisse des Projektteams waren im Juni dieses Jahres den Gemeinden zur weiterführenden Diskussion vorgelegt worden.

„Es läuft uns die Zeit davon“

Von Mitgliedern der Superintendentialversammlung wurde die lange Dauer des Erneuerungsprozesses kritisiert mit den Worten: „Es läuft uns die Zeit davon!“ Aufgerufen wurde zum „Mut, revolutionäre Gedanken zu fassen“. Die Neuerungsmaßnahmen müssten, so einige Diskutanten, nicht nur kostenneutral sein, sondern gute finanzielle Ergebnisse für die Superintendenz und die Gemeinden zur Folge haben. In anderen Debattenbeiträgen wurde betont, dass die bisher in die Strukturüberlegungen geflossenen Geldmittel für die Zukunft „gut investiert“ seien.

Zur Vorbereitung eines Studientages und der für Juni geplanten Beschlussfassung zur Neustrukturierung der Superintendenz bildete die Superintendentialversammlung eine Planungsgruppe, die auch externe Berater hinzuziehen kann.

Ulrike Frank-Schlamberger neue Wiener Seniorin

Die Wiener Krankenhauspfarrerin Mag. Ulrike Frank-Schlamberger wurde von der Superintendentialversammlung mit überwältigender Mehrheit zur neuen Seniorin gewählt. Sie folgt in diesem Amt der nach Kärnten gewechselten Pfarrerin Mag. Lydia Burchhardt.

Trauerminute gegen fundamentalistische Bush-Wähler

Zu Beginn der Superintendentialversammlung legten die Mitglieder eine Trauerminute ein angesichts der Tatsache, dass in den USA fundamentalistische protestantische Bush-Wähler jetzt „Jesus People“ genannt würden. Wie die Wiener Pfarrerin Mag. Gabriele Lang-Czedik dazu erklärte, votierten die „Jesus People“ für eine Politik, „in der Menschen ausgegrenzt werden, die gleichgeschlechtlich lieben“. Diese Bush-Wähler träten auch für die Todesstrafe ein und für eine Wirtschaft ohne soziale und ökologische Schutzbestimmungen, in der die Länder des Südens zu wirtschaftlichen Kolonien gemacht würden. Auch votierten die „Jesus-people“, so Lang-Czedik, für eine „offensive Kriegpolitik, wie wir sie im Irak einschließlich Folter medial erlebt haben“. Die Pfarrerin fragte: „Welches Bild entsteht da in der Welt von Menschen, die Jesus nachfolgen? Wie stellen damit evangelische Christen Jesus Christus in der Welt dar?“

ISSN 2222-2464

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