07.04.2010

Lang-Czedik: Reaktionäre Haltung des Papstes in Missbrauchsfrage „enttäuschend“

Lob für Wiener Diözesanversammlung

Lob für Wiener Diözesanversammlung

Wien (epd Ö) – „Höchst enttäuschend und ganz in der alten, reaktionären Schiene empfinde ich als Öffentlichkeits-Referentin und Seniorin der Evangelischen Kirche in Wien die aktuellen Aussagen von Papst Benedikt XVI. zur Missbrauchsfrage. Und da stehe ich wohl in einer Reihe mit der Mehrzahl der Christen in Europa“, erklärt die Wiener Pfarrerin Gabriele Lang-Czedik gegenüber dem Evangelischen Pressedienst.

Im März hatte Lang-Czedik als evangelische Beobachterin an der Zweiten römisch-katholischen Diözesanversammlung im  Stephansdom teilgenommen. In ihrem Statement vor den römisch-katholischen Delegierten hatte sie sich beeindruckt gezeigt von der „klaren Haltung“ von Kardinal Christoph Schönborn, der sich deutlich auf die Seite der Opfer gestellt, Aufklärung in allen Fällen gefordert und Wiedergutmachung versprochen habe. „Unerträglich“ hingegen sei nun allerdings für „alle aufgeklärten Menschen die unverändert starre Haltung in Rom, wo zu Ostern sogar spöttisch von ‚belanglosem Geschwätz über Missbrauch‘ gesprochen wird“. Diese Aussagen, so Lang-Czedik, bestätigten alle, „die nichts Anderes vom Vatikan erwartet hatten“. Gleichzeitig würden damit alle in der Ökumene engagierten Menschen enttäuscht, die „in Solidarität mit den Missbrauchsopfern einerseits und mit den aufgeschlossenen Katholiken andererseits gerade in der Karwoche und zu Ostern Anderes aus dem Mund des Papstes erhofft hatten“.

Als Evangelische sieht sich Lang-Czedik in ihrer kritischen Sicht der „römisch-katholischen Welthierarchie“ bestätigt. Zugleich beleuchte die aktuelle Aufdeckungswelle „neu und grell die Unhaltbarkeit des verpflichtenden Zölibats, das so häufig zu Unglück, Missbrauch und heimlicher Gewalt führt.“ Seit 500 Jahren lebe die Evangelische Kirche weltweit ein anderes Modell: Verheiratete Pfarrer und Pfarrerinnen und eine demokratische Kirchenstruktur von der Gemeindebasis bis zur Landessynode. In diesem Modell sei, so Lang-Czedik, kein Platz für den Aufbau solcher Abhängigkeits-Verhältnisse wie im Zölibat, weder für die Gläubigen noch für die PfarrerInnen. Dagegen biete die Evangelische Kirche „Raum für ein offenes, kritisches Denken und für einen befreienden Glauben an Gott durch Christus, der aufgestanden und auferstanden ist gegen die Hierarchie seiner Zeit und uns auch heute dazu bewegt.“

ISSN 2222-2464

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