28.12.2013

Körtner vermisst „Mut zu biopolitischem Gestaltungswillen“

Fokussierung auf Sterbehilfe sei unzureichend

Aktuelle Themen der Biomedizin sucht man im Regierungsprogramm vergebens, kritisiert der Theologe und Medizinethiker Ulrich Körtner. Foto: Buehrke/pixelio

Fokussierung auf Sterbehilfe sei unzureichend

Wien (epdÖ) – „Medizin-, Bio- und Pflegeethik sind in Österreich institutionell bisher nicht besonders gut aufgestellt“, zu diesem Schluss kommt der Wiener Theologe und Ethiker Ulrich H.J. Körtner in einem Kommentar für die Tageszeitung „Der Standard“ (Ausgabe vom 27. Dezember 2013). Es sei zum jetzigen Zeitpunkt fraglich, wie es mit der Bioethikkommission weitergehen werde, da die Funktionsperiode im Oktober 2013 abgelaufen ist und seither seitens der Bundesregierung keine neue Kommission eingesetzt worden sei, so Körtner.

„Das Schicksal der Bioethikkommission ist symptomatisch für den Zustand der österreichischen Biopolitik. Der Vergleich mit der österreichischen Außenpolitik drängt sich auf, die derzeit offenbar auch keine wesentliche Rolle spielt“, schreibt Körtner. Dabei gebe es zahlreiche bioethische Themen, die einer Lösung bedürften, etwa die Ratifizierung der Biomedizinkonvention des Europarates oder die Reform des Fortpflanzungsrechts. „Die Bioethikkommission hat zu all den genannten Themen ausführliche Stellungnahmen abgegeben, die auch international Beachtung gefunden haben. Im Programm der neuen Bundesregierung liest man von all dem jedoch nichts. Ob Präimplantationsdiagnostik oder Eizellspende: Fehlanzeige. Vom Recht auf Fortpflanzungsmedizin für gleichgeschlechtliche Paare ganz zu schweigen. Stichworte wie Biomedizin, Hirntoddebatte, genetische Diagnostik, Intersexualität oder Synthetische Biologie, die international auf der Tagesordnung stehen, sucht man im Regierungsprogramm vergebens. Auch der neuen Regierung mangelt es offenbar an Mut zu biopolitischem Gestaltungswillen.“

Wenig überzeugt zeigt sich Körtner von der Idee der Bundesregierung, das ohnehin im Strafrecht vorhandene Verbot von Tötung auf Verlangen sowie das Recht auf ein Sterben in Würde in Verfassungsrang zu heben. Einerseits sei der Begriff des würdigen Sterbens zu unklar, andererseits würde dies zu Unsicherheiten bei MedizinerInnen, Pflegepersonal, Angehörigen und PatientInnen führen. Grundsätzlich sei es begrüßen, wenn sich die Regierung mit bioethischen Themen befasse, so Körtner. Jedoch stünden noch viele weitere Probleme auf der Agenda.

Der Kommentar kann im Internet unter: bit.ly/19AQQSP/ nachgelesen werden.

ISSN 2222-2464

Diesen Beitrag teilen

Newsletter abonnieren

Der Newsletter von evang.at mit den wichtigsten Nachrichten des Evangelischen Pressedienstes (epd) ist kostenlos und erscheint in der Regel einmal pro Woche am Mittwoch.