13.08.2019

Körtner: „Sprachnot in Theologie und Kirche ist groß“

Theologe wünscht sich Impulse aus Kunst und Literatur

„Ich meine wahrzunehmen, dass diese Sprachnot in Theologie und Kirche groß ist, oft aber durch sehr oberflächliche Aktionen und flotte Sprüche übertüncht wird", sagt der Wiener Theologe Ulrich Körtner gegenüber dem Deutschlandradio. Foto: pixabay

Theologe wünscht sich Impulse aus Kunst und Literatur

Wien/Köln (epdÖ) – Sorgen über die Begrenztheit der theologischen Sprache hat der Wiener evangelische Theologe und Medizinethiker Ulrich Körtner geäußert. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagte Körtner am Montag, 12. August: „Ich meine wahrzunehmen, dass diese Sprachnot in Theologie und Kirche groß ist, oft aber durch sehr oberflächliche Aktionen und flotte Sprüche übertüncht wird.“ Er bezog sich dabei auf ein Zitat des Theologen Dietrich Bonhoeffer, wonach uns „ganz große Begriffe wie Tod, Auferstehung, Sünde, Vergebung so ferne gerückt sind, dass wir kaum wagen können, davon zu reden“, so Körtner. Über 70 Jahre nach Bonhoeffers Tod hätte die Theologie immer noch mit diesem Problem zu kämpfen.

Zum einen erhofft sich Körtner eine neue Generation von Theologinnen und Theologen, die die Fähigkeit besäßen, komplexe Themenfelder allgemeinverständlich darzustellen – hier sieht er aktuell einen großen Mangel. Zum anderen wünscht er sich Impulse aus Kunst und Literatur: „Ich bin dankbar für alle Schriftsteller oder sonstigen Künstler, die vielleicht auch durch einen quer denkenden Blick auf das Christentum nochmal neue Funken aus der Tradition schlagen.“ Allerdings sieht der Theologe auch hier Nachholbedarf. Zwar sei das Thema Religion bei Literatinnen und Literaten präsent, bleibe aber oft im Unbestimmten, zum Beispiel in Form der Auseinandersetzung mit Spiritualität. „Was ich weniger wahrnehme ist, dass sich Schriftsteller dezidiert und auch in die Tiefe gehend mit dem Christentum auseinandersetzen.“

Das gelte ebenso für die Philosophie, wo Körtner jedoch den Italiener Gianni Vattimo – „der sich selbst als einen Halbgläubigen bezeichnet“ – und die deutsche Sibylle Lewitscharoff, „die sich ganz dezidiert etwa mit Luther als Wortkünstler, aber auch Theologen auseinandersetzt“, als positive Ausnahmen nennt. Als Grund für die fehlende künstlerische, literarische und philosophische Reflexion auf das Christentum nennt Körtner die allgemeine Abnahme der persönlichen Bindung an Christentum und Kirche in der Gesellschaft: „Das schlägt sich dann eben auch auf die individuellen Künstlerbiographien nieder.“

Das ganze Interview mit Ulrich Körtner finden Sie unter www.deutschlandfunk.de

ISSN 2222-2464

Diesen Beitrag teilen

Newsletter abonnieren

Der Newsletter von evang.at mit den wichtigsten Nachrichten des Evangelischen Pressedienstes (epd) ist kostenlos und erscheint in der Regel einmal pro Woche am Mittwoch.