04.03.2009

Körtner: Im Streit um Darwins Erbe geht es um Machtfragen

Wien (epd Ö) – „Darwin hat nicht nur die Sonderstellung des Menschen im Reich der Natur erschüttert, sondern auch die Macht der Kirche in Fragen des Weltbildes“, betont der evangelisch-reformierte Theologe Ulrich Körtner in einem Beitrag für den Science-Channel auf orf.at. Im öffentlichen Streit um Darwins Bedeutung und Erbe gehe es letztlich um Machtfragen, etwa im Kampf um die Evolutionstheorie an amerikanischen Schulen, in den Debatten über Sexual- und Bioethik oder über die Ursachen der gegenwärtigen Wirtschaftskrise. Rom versuche, durch restaurative Tendenzen wieder „verlorenes Terrain zurückzuerobern“, was sich etwa auch in der umstrittenen Regensburger Rede des Papstes 2006 gezeigt habe, befindet der Ordinarius für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Wien. Dieses Projekt basiere auf einer „recht eigenwilligen Sichtweise des Verhältnisses von Vernunft und Glaube“, letztlich für Körtner „ein Versuch mit untauglichen Mitteln“.

In seinem Beitrag geht der Institutsvorstand auch auf die Debatte um das „Intelligent Design“ ein. Die Rede von einem göttlichen Plan sei eine „Metapher“, und zwar „auch in einer nicht kreationistischen Lesart“. Sie bringe die Gewissheit zum Ausdruck, „dass nicht nur das Leben des Einzelnen, sondern auch der Kosmos als Ganzer einen tieferen Sinn hat“. Schon die Bibel lehre freilich, dass „Gottes Gedanken nicht unsere Gedanken und seine Wege unerforschlich sind. Glauben heißt vertrauen, bisweilen auch gegen den Augenschein und die Erfahrung des Sinnwidrigen. Einblicke in Gottes Heilspläne in Natur und Geschichte sind uns verwehrt. Martin Luther spricht darum vom verborgenen Gott.“

Die biblischen Schöpfungsberichte bieten, so Körtner, „keine naturwissenschaftliche Hypothese über die Entstehung des Kosmos, sondern religiöse Poesie“. Ihre Aussagen seien keine wissenschaftlich verifizierbaren oder falsifizierbaren Sätze. Körtner: „Wenn man hier von Wahrheit sprechen kann, dann in einem anderen Sinne als im Rahmen naturwissenschaftlicher Theoriebildung. Es geht hier um existentielle Wahrheit.“

science.orf.at/science/koertner/154701

ISSN 2222-2464

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