11.05.2011

Körtner: Dynamik des reformatorischen Erbes wahren

Nach ökumenischem Konsens in der Rechtfertigungslehre müsste Luther als rechtgläubig rehabilitiert werden

Körtner: "Das Papsttum bleibt ein großes Hindernis auf dem Weg zur Kirchengemeinschaft."

Nach ökumenischem Konsens in der Rechtfertigungslehre müsste Luther als rechtgläubig rehabilitiert werden

Wien (epd Ö) – Protestanten hätten keinen Grund, „aus dem Dynamit des reformatorischen Erbes ein ökumenisches Paniermehl zu machen“. Das schreibt der Ordinarius für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät und Vorstand des Instituts für Ethik und Recht der Medizin an der Universität Wien, Ulrich H.J. Körtner in der Tageszeitung „Die Presse“ (11. Mai). In einem Gastkommentar reagiert Körtner auf die Forderung des Vorsitzenden der Ökumenekommission der deutschen Bischofskonferenz, Bischof Ludwig Müller, im Vorfeld des Reformationsjubiläums 2017, die evangelische Kirche möge sich von den Aussagen Martin Luthers distanzieren, der den Papst als „Antichristen“ bezeichnet hat.

Dass Luthers Aussagen im historischen Kontext zu verstehen seien und nicht auf das heutige Papsttum übertragen werden dürften, stehe heute in jeder Gemeindeausgabe der lutherischen Bekenntnisschriften. Körtner wertet die Äußerung Müllers als „durchsichtiges Ablenkungsmanöver der in letzter Zeit arg gebeutelten katholischen Kirche“. Der evangelische Theologe erinnert daran, dass die Römisch-katholische Kirche die Verurteilung Luthers als Ketzer bis heute nicht zurückgenommen habe: „Und das, obwohl man sich doch heute angeblich in der Rechtfertigungslehre, dem Herzstück reformatorischer Theologie, mit den Protestanten einig ist“. Mit dieser Lehre, so Körtner, sei der Gedanke vom Priestertum aller Gläubigen verbunden, „der notwendigerweise zum Bruch mit dem hierarchischen Prinzip in der Kirche und der Unterscheidung von Klerikern und Laien führt“. Daran halte aber die Römisch-katholische Kirche „eisern“ fest. Gäbe es einen Konsens in der Rechtfertigungslehre, entfiele die Trennung von Protestanten und Katholiken beim Abendmahl, und Luther müsste als „rechtgläubiger Theologe rehabilitiert werden“. Doch davon, so Körtner, „ist in der katholischen Amtskirche natürlich nicht im Entferntesten die Rede“.

Der Papstkult einschließlich Heiligenverehrung und Reliquienkult, wie man ihn jüngst bei der Seligsprechung Johannes Pauls II. beobachten konnte, berge aus evangelischer Sicht die Gefahr, „die biblische Botschaft von der freien Gnade Gottes zu verdunkeln“. Körtner wörtlich: „Das Papsttum bleibt ein großes Hindernis auf dem Weg zur Kirchengemeinschaft.“

ISSN 2222-2464

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