06.10.2022

Klimaforscher Huppmann: „Das Klima gerät aus dem Lot!“

Klare Worte und konkrete Anregungen in Online-Vortrag zum Klimawandel

Der Klimaforscher Daniel Huppmann präsentierte bei seinem Online-Vortrag nicht nur entmutigende Fakten sondern auch ermutigende Anregungen. (Foto: Trojan)

Klare Worte und konkrete Anregungen in Online-Vortrag zum Klimawandel

Wien (epdÖ) – Die Erderwärmung steigt rapide an. Aber: Jede*r von uns könne etwas gegen die Klimakrise beitragen. Diesen hoffnungsmachenden Appell richtete der Klimaforscher Daniel Huppmann an die Teilnehmenden des Onlinevortrags „Klimawandel – Wissenschaftliche Grundlagen und persönliche Handlungsoptionen“, zu dem die Evangelische Kirche im „Jahr der Schöpfung“ eingeladen hatte. Gleichzeitig betonte er, dass der Klimawandel unzweifelhaft vom Menschen verursacht wurde und wird.

„Bei der Begriffsdefinition stehe ich in einer Zwickmühle“, stellt Huppmann gleich zu Beginn fest. Die wissenschaftliche Forschung verwende den Begriff Klimawandel. Aber wenn es um die Auswirkungen gehe, sei es durchaus treffend, „von einer Klimakrise zu sprechen“. Als Beispiel nannte er Klimaextreme, die im vergangenen Sommer auch in Österreich auftraten: einerseits extreme Trockenheit im Burgenland, andererseits schwere Unwetter in Vorarlberg. „Das Klima gerät aus dem Lot!“, so die schwerwiegende Diagnose des Klimaexperten. Während sich die globale Durchschnittstemperatur in den letzten 2.000 Jahren kaum verändert habe, spüre man in den letzten 50 Jahren die Auswirkungen der Erderhitzung auch hierzulande. Huppmann betonte, dass man als Wissenschafter skeptisch sein müsse. Auf die oft gestellte Frage, ob die Erderwärmung wirklich Schuld des Menschen sei, antwortet er jedoch mit einem klaren Ja. Dass in Österreich die Temperaturen in den letzten Jahrzehnten steil nach oben gehen, sei nicht erklärbar etwa durch Sonnenaktivitäten, „es sind unsere Treibhausgasemissionen, die diesen Trend verursachen“, so der Klimaexperte.

Ein bislang weniger beachtetes Thema werde uns über die nächsten Jahrzehnte beschäftigen: die Klimagesundheit. „Bei Hitzewellen sieht man den Zusammenhang zwischen Hitze und Übersterblichkeit, vor allem wenn es in der Nacht nicht abkühlt.“ Darum sei es besonders wichtig, im urbanen Raum für Abkühlung zu sorgen. Eine Möglichkeit wäre, mehr Bäume zu pflanzen. Das verbessere in den Städten auch die Luftqualität. Freilich brauche man dafür mehr Platz, der derzeit vor allem von Autos besetzt werde.

Persönliche Maßnahmen gegen die Klimakrise

Hitze, Produktivitätsverluste der Landwirtschaft, Trockenheit und Überschwemmungen. Gegen diese vier „Schlüsselrisiken“ könne laut Huppmann durchaus jede und jeder Einzelne aktiv werden: etwa durch sparsame Verwendung von Energie, durch ein angepasstes Mobilitätsverhalten wie Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, Radfahren oder zu Fuß gehen. Beim Thema gesundheitsbewusste Ernährung sieht er gleich einen doppelten Nutzen. „Wir hängen in Österreich am Schnitzel“, meint Huppmann. Man „müsse nicht gleich Vegetarier oder Veganer werden“, aber durch eine Reduktion des Fleischkonsums könne man das Klima schützen und gleichzeitig dem Körper etwas Gutes tun. Der Experte machte darüber hinaus Mut, sich für eine klimafreundliche Infrastruktur zu engagieren. „Es geht auch um Bewusstseins-Schaffung für klimafreundliche Geschäftsmodelle und neue Wertschöpfungsprozesse, etwa im Handel.“ Eine Möglichkeit wäre in diesem Bereich eine vermehrte Sharing-Economy.

Besonders wichtig für die Zukunft erscheint dem Klimaexperten auch das Thema Klimagerechtigkeit. „Die Personen, die am wenigsten zur Krise beigetragen haben, leiden am meisten darunter“, sagt Huppmann. Auch hier brauche es in Politik und Gesellschaft einen Bewusstseinswandel. Erste Ansätze gäbe es etwa in einem vor kurzem stattgefundenen gemeinsamen Klimastreik von „Fridays for Future“ und der Armutskonferenz.

Österreich als Klima-Musterland?

Bei allen hoffnungsmachenden Ansätzen verwies Huppmann auf eine Ansicht, die nicht der Realität entspräche: Österreich werde oft als ein Umwelt- und Klima-Musterland dargestellt, nicht zuletzt aufgrund der Gewinnung von Energie aus Wasserkraft. Demgegenüber präsentierte Huppmann ernüchternde Zahlen: Zwei Drittel des Energieverbrauchs stammten aus fossilen Energieträgern. „Nein, Österreich ist leider kein Umwelt- und Klima-Musterland!“ Auf dem Gebiet des Klimaschutzes sei „noch einiges zu tun“.

Der Vortrag mit Daniel Huppmann fand im Rahmen der Online-Veranstaltungsreihe „Klimaschutz und Klimawende“ statt, veranstaltet von der Evangelischen Kirche in Österreich in Kooperation mit „Scientists for Future“. Huppmann ist Klimaforscher und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien, wo er sich mit modell-basierten Transformationspfaden zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaschutz-Abkommens beschäftigt. Huppmann möchte den aktuellen Stand der Klimaforschung in unserer Gesellschaft sichtbar machen und einen Bewusstseinswandel anregen.

ISSN 2222-2464

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