18.01.2008

Kirchen und Religionsgemeinschaften fordern Blickwechsel in Integrationspolitik

Vertreter österreichischer Religionsgemeinschaften präsentierten ein Forderungspapier zur Integration von Zuwanderern - Faire und gerechte Chancen für In- und AusländerInnen - Dialog statt Angst

Bünker: Wer Österreich liebt, spaltet es nicht.

Vertreter österreichischer Religionsgemeinschaften präsentierten ein Forderungspapier zur Integration von Zuwanderern – Faire und gerechte Chancen für In- und AusländerInnen – Dialog statt Angst

Wien (epd Ö) – Zugang zum Arbeitsmarkt, politische Partizipation und Zugang zur Staatsbürgerschaft für Migrantinnen und Migranten sind Forderungen eines Papiers mit dem Titel „Herausforderung Integration – Überlegungen und Forderungen aus Sicht der Kirchen und Religionsgemeinschaften“, das Vertreter österreichischer Kirchen und Religionsgemeinschaften am 18. Jänner in Wien vor Journalisten präsentierten.

Von der Notwendigkeit einer „fairen und gerechten Chance für In- und AusländerInnen“ sprach der lutherische Bischof Dr. Michael Bünker, der andererseits auch die Feststellung des Papiers hervorhob, MigrantInnen seien „gehalten, die Universalität der Menschenrechte und die demokratische Verfassung als Grundlage des Zusammenlebens anzuerkennen“. Bünker betonte, beim Thema Integration gehe es „um deutlich mehr als um den Sicherheitsaspekt, der heute dominiert“. Eine Gesellschaft sei erst dann vollständig, wenn aus AusländerInnen gleichberechtigte BürgerInnen geworden seien. Der Bischof forderte eine umfassende Kampagne der Regierungsverantwortlichen über die Chancen, die Integration für die österreichische Gesellschaft bietet. Bünker verwies in diesem Zusammenhang auf den Schlussabsatz des Papiers, in dem es heißt: „An die politischen Parteien appellieren wir, die Diskussion so zu führen, dass zu jedem Augenblick klar bleibt: Es geht um Menschen. Und wir sind überzeugt: Wer Österreich liebt, spaltet es nicht.“

Landau: „Österreich ist ein Zuwanderungsland“

„Österreich war und ist ein Zuwanderungsland“, hielt Caritasdirektor DDr. Michael Landau bei der Vorstellung des Papiers fest. Es gehe um einen „Blickwechsel in der integrationspolitischen Debatte: Weg vom Schüren der Ängste und hin zu einem lösungsorientierten Dialog, der Chancen wie auch Probleme benennt.“ Im Blick auf die jüngst im Grazer Wahlkampf gefallenen Äußerungen über den Islam erklärte der Caritasdirektor: „Wer Österreich liebt, stellt unser Land nicht öffentlich und international bloß. Wir fordern Respekt vor dem, was anderen heilig ist.“

Der griechisch-orthodoxe Metropolit Dr. Michael Staikos verwies auf die Tatsache, dass die Vertreter von Christentum, Judentum und Islam zusammen das Forderungspapier erstellt haben und hob hervor, religiöses Bewusstsein bilde die Identität eines Menschen. Fremde sollten sich der österreichischen Gesellschaft nicht anpassen müssen, sondern sich integrieren können. Dabei könne es nicht um eine Vermischung von Kulturen gehen, sondern um eine Ergänzung. Dazu sollte der Staat seinen Beitrag leisten. „In der Vergangenheit dieses Landes war das möglich“, sagte Staikos, „ich bin überzeugt, dass es auch heute möglich ist.“

„Wir sind uns einig wie selten“, betonte auch der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Dr. Ariel Muzicant. Es gehe um Respekt vor dem Glauben des Anderen. Über diesen könne man kein Urteil abgeben, wie es kürzlich in Graz geschehen sei. Beim Umgang mit MigrantInnen sei es entscheidend, den Menschen ihre Würde zurückzugeben. „Sie machen sich kein Bild, was ein Migrant durchmacht“, sagte der Präsident zu den Journalisten.

Muzicant betonte die Chancen der Integration im Rahmen der europäischen Wirtschaft und appellierte an die Regierung, diese Chancen zu nutzen. „Unser wirtschaftlicher Reichtum wird heute in Osteuropa verdient“, unterstrich der Präsident, der selbst Wirtschaftstreibender ist.

Schakfeh: Familie ist gemeinsamer Wert

Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft Prof. Anas Schakfeh erklärte: „Dass wir ein gemeinsames Papier präsentieren, ist an sich eine Botschaft.“ Schakfeh hob die „sehr gute Atmosphäre“ des Gesprächs zwischen dem Islam und der österreichischen Gesellschaft insgesamt hervor und sagte, Angriffe darauf müssten abgewehrt werden. Schakfeh: „Wir haben verschiedene Glaubenswahrheiten, aber wir haben gemeinsame Werte.“ In diesem Zusammenhang nannte der Präsident die Familie und bezeichnete sie als „zentrale Einheit in unserer Gesellschaft“. Integration sei notwendigerweise von Problemen begleitet, die zu lösen seien: „In Österreich haben wir kleine Probleme.“

Zu den Angriffen auf den Islam in Graz erklärte Schakfeh, die Solidarität der österreichischen Gesellschaft mit den Muslimen sei „zufriedenstellend“. Die konsequente Haltung der politischen und kirchlichen Verantwortlichen im Staat habe bereits Wirkung gezeigt.

ISSN 2222-2464

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