25.07.2021

Kirche für alle!

Julia Schnizlein über offene Räume

"Kirchen sollten für alle Menschen da sein – nicht nur für jene, die am Sonntagvormittag gerade Zeit haben." Foto: epd/Uschmann

Julia Schnizlein über offene Räume

Woran erkennt man evangelische Kirchen? An der verschlossenen Tür…
Leider ist das kein Witz. Während die meisten katholischen Kirchen auch unter der Woche geöffnet sind, schließen viele evangelische nach dem Sonntagsgottesdienst wieder.

Dahinter steckt die Überzeugung, dass es keinen Kirchenraum und keinen Mittelsmensch braucht, um mit Gott in Verbindung zu treten. Beten kann man überall: In der Natur, zu Hause oder in der Straßenbahn. Das stimmt natürlich und trotzdem finde ich verschlossene Kirchentüren traurig.

Kirchen sollten für alle Menschen da sein – nicht nur für jene, die am Sonntagvormittag gerade Zeit haben. Sie sollten ein Ort gelebter Gastfreundschaft sein. Offen für Einheimische und Touristen, für Menschen, die Ruhe suchen, gerne eine Kerze anzünden oder ihre Sorgen in ein Gebetsbuch schreiben wollen. Sie sollen offen stehen für architektonisch und kunsthistorisch Interessierte oder einfach für jene, die im kühlen Kirchenraum Schutz vor der Hitze suchen.

Kirchen können Orte der Begegnung sein – offen für Konzerte, Lesungen, Ausstellungen und Feste. Leerstehende Gemeinderäume können tagsüber als Coworking-Space oder Kaffees dienen. Sakralräume können Stadträume sein und trotzdem Orte des Erhabenen bleiben!

Traurig ist es hingegen, wenn Kirchengebäude für kommerzielle Zwecke umgewidmet oder gar abgerissen werden müssen, weil die Menschen völlig wegbleiben. Wenn wie in England und den Niederlanden ehemalige Altarräume massenhaft zu Wohnungen, Fitnessstudios, McDonalds- oder Bankfilialen werden.

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich übrigens mit meinem Laptop in unserer angenehm kühlen Kirche in der Wiener Innenstadt. Seit Anfang Juli haben wir unsere Türen täglich geöffnet und freuen uns über alle, die die älteste evangelische Kirche Wiens besuchen wollen. Unsere Kirche hat bereits Erfahrung mit Umwidmungen: Sie war früher ein katholisches Frauenkloster. Im 18. Jahrhundert wurde es unter Kaiser Joseph II. aufgelöst und zur Versteigerung freigegeben. So gelangte es in evangelischen Besitz und wurde zur Lutherischen Stadtkirche. Sollten Sie es nicht persönlich in unsere Kirche schaffen, haben Sie auf unserer Homepage die Möglichkeit für einen 3D-Rundgang.

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@juliandthechurch

ISSN 2222-2464

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