19.05.2016

Kindergarten in Mostar ist multiethnisches Erfolgsprojekt

Einrichtung des Diakoniewerks in Herzegowina setzt auf Vielfalt

Die Arbeit des Diakoniewerks in Mostar ist ein Balanceakt zwischen der Notwendigkeit und dem Wunsch, Schritte in Richtung Interkulturalität und Inklusion zu gehen, und der mühsamen Absicherung der finanziellen Mittel zum Erhalt des Kindergartens. (Foto: Diakoniewerk Gallneukirchen)

Einrichtung des Diakoniewerks in Herzegowina setzt auf Vielfalt

Gallneukirchen/Mostar (epdÖ) – Seit 2002 führt das Diakoniewerk den Kindergarten „Sunčanimost“ – übersetzt „Sonnenscheinbrücke“ – in Mostar und fördert damit, dass Kinder vorurteilsfrei miteinander spielen und voneinander lernen. Mehr als 400 Kinder aller ethnischen Gruppen, mit und ohne Behinderung und unterschiedlicher sozialer Herkunft, wurden seit der Gründung in dem Kindergarten in Bosnien-Herzegowina bereits betreut. Engagierte bosniakische, kroatische und serbische Kindergärtnerinnen bemühen sich tagtäglich, Vorurteile gegenüber Kindern mit Behinderung sowie kulturelle, religiöse und sprachliche Unterschiede zu überwinden.

Die Kindergärtnerinnen selbst vertreten drei Religionen. Als katholische, muslimische und serbisch-orthodoxe Mitarbeiterinnen gestalten sie den Kindergartenalltag. Ob Weihnachten (katholisch und serbisch-orthodox), Bajram (Kurban Bajram und Ramazan Bajram – Opferfest und Zuckerfest) oder Ostern (katholisch und serbisch-orthodox), alle religiösen Feste werden gefeiert. Die Eltern sind bei Festen und Ausflügen alle gleichermaßen eingeladen und mit dabei – auch so finden Versöhnung und Annäherung statt.

In Bosnien-Herzegowina selbst sind die Bildungseinrichtungen ethnisch segregiert, d.h. es gibt Schulen für Kroaten (Katholiken) und Schulen für Bosniaken (Muslime). Die Stadt Mostar selbst ist seit dem Krieg ethnisch segregiert, und obwohl sich der Kindergarten im muslimischen Stadtteil befindet, ist „Sunčanimost“ bewusst ethnisch gemischt. Kinder aus entfernteren und damit kroatischen Stadtteilen werden mithilfe eines Kindergartenbusses zum Kindergarten gefahren. Kinderbücher sowohl in kyrillischer als auch lateinischer Schrift werden von den Pädagoginnen genauso eingesetzt wie auch unterschiedliche religiöse Lieder gesungen werden.

Für Biljana Čelan, die von Beginn an die Leitung des Kindergartens innehat, hat sich die mühevolle Aufbauarbeit dieses in Bosnien-Herzegowina einzigartigen Kindergartens gelohnt. Aus ihrer Sicht ist aus einer „missionimpossible“ eine „missionpossible“ geworden. Liebe, Toleranz und Respekt sind für sie die entscheidenden Faktoren des Erfolgs ihrer Arbeit.
2014 erhielt das Diakoniewerk für dieses Projekt den von Außenminister Sebastian Kurz ausgeschriebenen und mit 10.000 Euro dotierten Hauptpreis des InterculturalAchievement Awards. Mit diesem Preis werden Non-Profit-Organisationen sowie impulsgebende Projekte aus aller Welt, die den interkulturellen Dialog fördern, ausgezeichnet.

„Die Arbeit des Diakoniewerks in Mostar ist ein Balanceakt zwischen der Notwendigkeit und dem Wunsch, hier Schritte in Richtung Interkulturalität und Inklusion zu gehen, und der mühsamen Absicherung der finanziellen Mittel zum Erhalt des Kindergartens“, erklärt Diakoniewerk-Rektorin Christa Schrauf und betont: „Mit dem Kindergarten wollen wir Brücken bauen und Sonnenschein verbreiten, wie es der Name ‚Sunčanimost‘ zum Ausdruck bringt. In einem Land, dessen Bildungssystem nach wie vor auf Segregation setzt, ist dieser Kindergarten ein Leuchtturm, der in die Zukunft weist.“ Finanziert wird der Kindergarten aus Elternbeiträgen, regelmäßigen finanziellen Zuwendungen der Stadt Mostar und zu einem großen Teil aus Spenden. Die finanzielle Situation ist nach wie vor angespannt und stellt für das Diakoniewerk auch noch für die nächsten Jahre eine ökonomische Herausforderung dar.

Mit dem Erfolgsmodell „Sunčanimost“ in Mostar hat das Diakoniewerk den Grundstein für einen zweiten multiethnischen, integrativen Kindergarten gelegt: Gemeinsam mit der Stadt Livno im Kanton 10 im Westen Bosnien-Herzegowinas wird derzeit intensiv daran gearbeitet, im Herbst 2016 einen weiteren „Brücken bauenden Kindergarten“ zu eröffnen.

„Im Spiel sind alle gleich – dies gilt im Besonderen für diesen einzigartigen multiethnischen, integrativen Kindergarten. Kinder, deren Eltern und Großeltern noch aktiv in die kriegerischen Auseinandersetzungen am Balkan involviert waren, finden durch diesen Kindergarten Freunde – unabhängig von der Ethnie oder der religiösen Zugehörigkeit. Vorurteilsfrei wird so ein Grundstein für ein gelingendes Miteinander in Vielfalt gelegt“, berichtet Daniela Palk, die den Bereich Internationale Projekte und Standorte im Diakoniewerk leitet.

ISSN 2222-2464

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Diakonie | Diakoniewerk

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