15.03.2011

Käßmann: „Es gibt keinen gerechten Krieg“

"Die Welt braucht die Vision eines gerechten Friedens", betont Margot Käßmann beim Eröffnungsvortrag der "Evangelischen Woche"

Taube, Ölzweig und Regenbogen als Symbole von Frieden und Versöhnung. Detail eines Mosaiks in Wien-Favoriten. Foto Buchhändler (wikimedia)

„Die Welt braucht die Vision eines gerechten Friedens“, betont Margot Käßmann beim Eröffnungsvortrag der „Evangelischen Woche“

Wien (epd Ö) – „Die Kirche ist immer wieder in die Irre gegangen, wenn sie Gewalt legitimiert“, erklärte die ehemalige Bischöfin der Landeskirche Hannovers und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, beim Eröffnungsvortrag der 66. „Evangelischen Woche“ am Montagabend, 14. März, in der sehr gut besuchten Lutherischen Stadtkirche in Wien. Jesus Christus sei kein Revolutionär mit der Waffe in der Hand gewesen. Seine Botschaft des Gewaltverzichts und sein Tod am Kreuz seien ein flammendes Plädoyer dafür gewesen, den Kreislauf der Gewalt nicht anzuheizen, sondern zu durchbrechen, auch wenn das auf den ersten Blick Scheitern bedeuten sollte. „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein!“

Insofern könne man auch nicht von einem „gerechten Krieg“ sprechen, so Käßmann. Bewaffnete Konflikte würden stets Unrecht und Gewalt nach sich ziehen. Vielmehr brauche die Welt die Vision eines „gerechten Friedens“. Wer an dieser Vorstellung festhalte, sei kein naiver Weltverbesserer. Die Welt brauche Träumerinnen und Träumer, die die Wirklichkeit wahr- und ernst nehmen.“Wer so glaubt und hofft, bleibt eben nicht unberührt vom Leid dieser Welt. Solche Menschen spüren in sich Energie und Kraft und Willen zur Veränderung“, zeigt sich Käßmann überzeugt und bringt das Beispiel Martin Luther Kings, der bis zuletzt auf Gewalt verzichtete und dessen Traum sich letztlich mit dem Einzug der Familie Obama ins Weiße Haus realisierte.

Dass es Formen legitimer Gewalt geben kann, will Käßmann nicht abstreiten. Die kriegerischen Handlungen der Alliierten gegen Nazi-Deutschland seien zu Recht erfolgt, um verfolgte Menschen zu befreien. „Trotzdem gebe ich zu bedenken: Auch ein notwendiger Einsatz von Gegengewalt entfesselt die Furien des Krieges und setzt ein Gewaltpotential frei, für das ich keine Rechtfertigung sehe“, meint Käßmann. Heute sei es wichtig, dass internationale Einsätze von Soldaten nur mit UNO-Mandat erfolgten und mehr Geld und Personal in die Entwicklungshilfe und den zivilen Aufbau des Landes investiert würden. Gleichzeitig müssten andere Wege der Konfliktlösung, wie die Unterbrechung der Geldströme und Rüstungslieferungen, eingeschlagen werden.

Fantasie für den Frieden sei ganz entscheidend, unterstrich Käßmann und forderte Christinnen und Christen auf, sich noch stärker in Formen der gewaltfreien Konfliktbewältigung ausbilden zu lassen, um so als einzelne/r ChristIn wie als Kirche glaubwürdiger zu werden.

ISSN 2222-2464

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