Hilfswerke orten dringenden politischen Handlungsbedarf bei Langzeitpflege
Moser: „Brauchen Lösungen, die Versorgungssicherheit und -qualität für ganz Österreich sicherstellen“
Moser: „Brauchen Lösungen, die Versorgungssicherheit und -qualität für ganz Österreich sicherstellen“
Wien (epdÖ) – Bei den laufenden Regierungsverhandlungen vermissen Diakonie, Caritas, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe einen Fokus auf die Langzeitpflege. Es bestehe dringender politischer Handlungsbedarf, waren sich die Vertreterinnen und Vertreter der in der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) zusammengeschlossenen Organisationen bei einer Pressekonferenz am 29. November in Wien einig.
„Die Langzeitpflege ist kein politisches Randthema“, so Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser: „Die Sorgen der Betroffenen dürfen bei den Regierungsverhandlungen nicht unter den Tisch fallen.“ Es brauche Lösungen, die Versorgungssicherheit und -qualität für ganz Österreich sicherstellen. Moser: „Wir erwarten uns von einer neuen Bundesregierung einen Österreich-Plan für die Langzeitpflege.“ Aktuell würden Pflege und Betreuung gut 1,5 Millionen Menschen in Österreich betreffen – entweder, weil sie selbst oder weil Angehörige Pflegebedarf hätten, so Moser, die derzeit den BAG-Vorsitz innehat. Für die kommenden Jahre ist ein deutlicher Anstieg dieser Zahlen zu erwarten.
Investitionen in Pflege
Diakonie-Direktorin Moser wies in ihren Ausführungen u.a. darauf hin, dass sich Investitionen in die Pflege wirtschaftlich lohnen. „Jeder Euro, der in die Langzeitpflege investiert wird, hat eine Wertschöpfung von 1,70 Euro.“ Gute Angebote in der Langzeitpflege würden helfen, im Gesundheitssystem zu sparen. Je schlechter die Langzeitpflege aufgestellt sei, umso öfter müssten Menschen ins Krankenhaus, warnte Moser, denn: „Das ist der teuerste Ort, an dem ein Mensch mit Pflegebedarf sein kann.“ Gemeinsam mit anderen sozialen Dienstleistungen sei Langzeitpflege ein wichtiger Wirtschaftsmotor. „Langzeitpflege kann und muss Teil eines Konjunkturpakets sein. In die Langzeitpflege investieren heißt, in einen Konjunkturmotor investieren und Arbeitsplätze sichern“, so Moser.
Caritas-Generalsekretärin Anna Parr fordert ein Ende des föderalen „Fleckerlteppichs“. „Wir haben es heute mit neun verschiedenen Pflegesystemen in Österreich zu tun. Jedes Bundesland hat andere Kosten und Selbstbehalte, Personalschlüssel, Systeme und Verwaltungen, Standards und Abläufe“, betonte Parr. Dieser „Fleckerlteppich“ erschwere und verteuere die Pflege und Betreuung – für die Betroffenen und für das System. „Hier gibt es Einsparungspotenzial, hier können wir Synergien heben und Mittel freispielen“, so Parr.
Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerks Österreich, sprach von einer Verschwendung von Ressourcen durch überbordende Bürokratie und Dokumentation, fehlende Digitalisierung und mangelnde Prävention. „Wir können uns diese Verschleuderung wertvoller Ressourcen schon lange nicht mehr leisten“, unterstrich Anselm. „Wie kann es etwa sein, dass wir eine Matratze, die das Wundliegen verhindern soll, erst von der Gesundheitskasse finanziert bekommen, wenn wir Wundliegemale nachweisen können?“ fragte Anselm. Dadurch entstehe unnötiges Leid und unnötiger Aufwand samt Kosten.
Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Österreichischen Roten Kreuzes, hob hervor: „Eine Million Menschen in Österreich sind pflegende Angehörige, sie sind der größte Pflegedienst des Landes. Sie sind nicht nur durch die Pflegearbeit belastet, sondern müssen auch hohe Kosten tragen.“ Hier brauche es ausreichend Unterstützung, sonst drohe das Abrutschen in die Armut, warnte der Vertreter des Roten Kreuzes.
Ein umfassender Maßnahmen-Mix im Bereich des Personals stelle einen Schlüsselfaktor für eine zukunftsfitte Langzeitpflege dar, bemerkte Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich. Als notwendig nannte er Erleichterungen bei den Ausbildungskosten, Zugang zur Schwerarbeitspension, die Anerkennung der Ausbildungszeiten für die Pension sowie Maßnahmen im Bereich der Gehälter. Gleichzeitig sprach sich Fenninger für die Einführung einer Bundesagentur für die gezielte Anwerbung ausländischer Pflegepersonen aus.
Die BAG (Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt) ist der größte Zusammenschluss von Langzeitpflege-Anbietern in Österreich. Im BAG-Verbund sind rund 22.500 Menschen in Pflege und Betreuung beschäftigt. Sie pflegen, begleiten und betreuen 155.000 Menschen mit Pflegebedarf in mobilen, stationären und sonstigen Betreuungsformen. In der mobilen Pflege übernehmen die BAG-Organisationen zwei Drittel aller geleisteten Stunden.
ISSN 2222-2464