22.03.2006

Grabstätte für Früh- und Totgeborene in Oberwart eingerichtet

Pilotprojekt am evangelischen Friedhof soll Eltern einen Ort des Gedenkens geben

Pilotprojekt am evangelischen Friedhof soll Eltern einen Ort des Gedenkens geben

Oberwart/Eisenstadt (epd Ö) – Eine Grabstätte für Fehl- und Totgeburten beherbergt seit einigen Wochen der evangelischen Friedhof in Oberwart im Südburgenland. Eltern soll damit der Wunsch nach einem Ort des Gedenkens an ihr tot geborenes Kind erfüllt werden. Begonnen wurde das am Dienstag, 21. März, in Eisenstadt vorgestellte Projekt in Zusammenarbeit zwischen dem Krankenhaus Oberpullendorf und der evangelisch-lutherischen Pfarrgemeinde in Oberwart.

Bis Anfang der siebziger Jahre sei dem Tod des Kindes in der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt kaum Beachtung zuteil geworden, so Gesundheitslandesrat Peter Rezar: „Heute ist es unumstritten, dass Mütter und Väter um ihr früh verstorbenes Kind trauern.“ Österreichweit kommen auf 1.000 Lebendgeburten durchschnittlich vier Totgeburten. Im Burgenland gebe es jährlich rund 250 Fehlgeburten und etwa zehn Totgeburten. Neben den KRAGES-Spitälern wolle man sich auch bemühen, das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt in das Projekt einzubeziehen.

Tot geborene Kinder und Fehlgeburten mit einem Gewicht unter 50 dag werden nicht beurkundet, so Landesrätin Verena Dunst: „Damit haben sie auch keinen gesetzlichen Anspruch auf ein Begräbnis.“ Trauerbewältigung bedürfe aber auch eines Ortes, die Nähe sei mit einer offiziellen Grabstätte gegeben. Das Land stellte für die Grabstätte 3.600 Euro zur Verfügung. Ein Oberwarter Bestattungsunternehmen übernimmt unentgeltlich die Bestattung der Früh- und Totgeburten.

Während tot geborene Kinder bereits bisher auf Wunsch der Angehörigen beerdigt werden konnten, sei dies bei Fehlgeburten bis jetzt nicht möglich gewesen, erklärte Superintendent Manfred Koch: „Eines ist klar: Menschliches Leben beginnt nicht erst bei der Geburt“, deshalb sei es auch wichtig, mit Ereignissen, die schon vor der Geburt stattfinden, umgehen zu können. Wichtig sei, „dass Eltern, die ihr Kind nicht gesund und lebend zur Welt bekommen, seelsorglich betreut werden und dass sie einen Ort für ihre Trauer haben“. Auch die Römisch-katholische Kirche sei mit eingeladen, Bischof Paul Iby werde am Festakt und Gedenkgottesdienst am 1. April um 17 Uhr in Oberwart teilnehmen.

Pfarrerin Sieglinde Pfänder, durch den Verlust eines Sohnes selbst Betroffene, schilderte, wie viele Frauen sie noch nach Jahrzehnten mit ihrer Trauer angesprochen hätten. Das hänge auch damit zusammen, dass Frauen sich schuldig fühlten, wenn sie eine tote Leibesfrucht zur Welt bringen: „Es ist öffentlich einfach verpönt, darüber zu reden, dass man um ein Kind trauert, das nicht wirklich auf dieser Welt geatmet hat.“ Sie sehe ihre Aufgabe als Pfarrerin darin, vor allem betroffene Frauen zu begleiten: „Ich möchte, dass Eltern wissen, dass es auch für ihre tot geborenen Kinder legitime Orte der Trauer gibt.“ Am 11. Dezember – dem internationalen Tag der verwaisten Eltern, dem so genannten Candle Light Day – soll bei der Grabstätte künftig jährlich eine Gedenkfeier stattfinden.

Nach einer Fehlgeburt werde ein Kind feingeweblich untersucht, um eine Diagnose zu haben, schilderte Primar Martin Fabsits, Leiter der gynäkologischen Abteilung des Krankenhauses Oberpullendorf, die medizinische Vorgangsweise. Obwohl genau geregelt, habe in diesem Bereich immer „ein gewisses Unbehagen“ geherrscht, weil Vokabel wie „entsorgen“ oder „Pathologie“ aufgetaucht seien und die ethische Komponente immer gefehlt habe. Eine Lösung dafür zu suchen, sei auf Grund unklarer Zuständigkeiten nicht so einfach gewesen.

ISSN 2222-2464

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