30.05.2005

Evangelischer Oberkirchenrat Bünker zur Causa Kampl: „Untragbar“

Bünker: Für die Evangelische Kirche gibt es weder Schlussstrichmentalität noch Relativierung der Nazi-Verbrechen – Bundesrat, der Verantwortung nicht wahrnimmt, ist untragbar

Bünker: Für die Evangelische Kirche gibt es weder Schlussstrichmentalität noch Relativierung der Nazi-Verbrechen – Bundesrat, der Verantwortung nicht wahrnimmt, ist untragbar

Wien, 30. Mai 2005 (epd Ö) – Massive Kritik am Kärntner Bundesrat Siegfried Kampl kommt auch vom evangelischen Oberkirchenrat Dr. Michael Bünker. „Für die Evangelische Kirche gibt es weder eine Schlussstrichmentalität noch eine Relativierung der Verbrechen des Naziregimes“, sagte Bünker gegenüber epd Ö. Ein Bundesratspräsident, der seinen eigenen Standpunkt durchsetzen wolle und nicht bereit sei, die Verantwortung, die er als Bundesrat und Bürgermeister übernommen habe, wahrzunehmen, „ist untragbar“, so das Mitglied der evangelischen Kirchenleitung. Ohne Kampls Rücktritt blieben seine Aussagen im Raum stehen und „werfen ein schiefes Licht auf alle Erklärungen, die im laufenden Gedenkjahr abgegeben worden sind“.

Bünker schließt sich der Erklärung von Diakonie-Direktor Mag. Michael Chalupka und Caritas-Wien-Direktor Dr. Michael Landau an, in der am Montag Kampls Haltung als „unerträglich und empörend“ bezeichnet wird. Kampl – er hatte Wehrmachtdeserteure als zum Teil Kameradenmörder bezeichnet und eine „brutale Naziverfolgung“ nach 1945 beklagt – hat am Sonntag angekündigt, doch nicht aus dem Bundesrat auszuscheiden.

„Als Bürger dieses Landes sind wir tief betroffen“, meinten Landau und Chalupka dazu. Kampls Haltung sei „absolut inakzeptabel und beschädigt das Ansehen Österreichs“. Als Seelsorger wisse man um die „tiefen Wunden und Narben, die viele Menschen noch immer schmerzen“. Das bedeute für unser Land aber auch die Pflicht zur Konfrontation mit den Fragen von Erinnerung und Umgang mit Geschichte und Schuld – gerade auch in diesem Gedenkjahr.

Von Politikern erwarte man einen „verantwortungsvollen Umgang mit Geschichte“. 60 Jahre nach Kriegsende dürfe es nicht geschehen, „dass das Koordinatensystem der Werte, das die Zweite Republik geprägt und ermöglicht hat, in entscheidenden Punkten verrückt wird“. Und weiter: „Zu wissen und zu erleben, dass es Abgeordnete gibt, die sich diesem Grundkonsens verweigern, das ist für uns unerträglich und empörend.“ Chalupka und Landau sehen es als besondere Herausforderung an, „hier nicht nur alle politischen Möglichkeiten auszuschöpfen, sondern auch klare und dauerhaft wirksame Formen der Ablehnung dieser Haltung zu finden“. „Es ist an der Zeit, mit dem Wegsehen aufzuhören! Und gerade die Kirchen können und dürfen nicht schweigen, wo die Würde der Opfer neuerlich mit Füßen getreten wird“, heißt es in der Erklärung.

ISSN 2222-2464

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