22.08.2001

Evangelischer Oberkirchenrat: § 209 aufheben

Inhalt des Paragraphen hält wissenschaftlicher Begründung nicht stand

Inhalt des Paragraphen hält wissenschaftlicher Begründung nicht stand

Wien, 22. August 2001 (epd Ö) Für eine „ersatzlose Aufhebung des § 209 StGB “ spricht sich der Evangelische Oberkirchenrat A. und H.B. in ei-ner Stellungnahme vom 22. August aus. Der Inhalt des Paragraphen, gleichgeschlechtliche Beziehungen zwischen einem volljährigen und einem minderjährigen Mann unter Strafe zu stellen, könne nicht wissenschaftlich begründet werden, „und zwar weder psychologisch, noch sozial-psychatrisch, noch allgemein medizinisch, schon gar nicht theologisch.“

„Außerordentlich“ bedauert das Gremium, dass in dem im Juli vorgelegten Entwurf zum Strafrechtsänderungsgesetz 2001 diese Problematik nicht versucht wurde zu lösen. Der Oberkirchenrat A. und H.B. ersucht in seiner Stellungnahme „dringend darum, den § 209 StGB in die Beratungen über das Strafrechtsänderungsgesetz 2001 einzubeziehen.“

Wiederholte Stellungnahmen der evangelischen Kirche

In wiederholt vorgebrachten Stellungnahmen haben die Evangelischen Kirchen ihre Position verdeutlicht: Bereits 1964 und 1968 hat der Evangelische Oberkirchenrat A. und H.B. Bedenken geäußert, dass der in § 209 normierte Sondertatbestand nicht zu begründen ist.

In einer Resolution der Generalsynode von 1998 heißt es: „Die Evangelische Kirche A. und H.B. setzt sich für eine zivilrechtliche Berücksichtigung gleichgeschlechtlicher Lebensgemein-schaften und die Abschaffung bestehender Strafrechtsbestimmungen, welche Homosexuelle gegenüber Heterosexuellen diskriminieren, ein.“

In der aktuellen Stellungnahme heißt es weiter, dass „dem durchaus berechtigten Bedürfnis nach dem Schutz Unmündiger und Jugendlicher durch die Regelung der Paragraphen 203 bis 208 StGB hinlänglich Rechnung getragen wird.“

Kauer: Verpasste Chance

Der juristische Oberkirchenrat MMag. Robert Kauer spricht von „einer verpassten Chance“ wenn der § 209 bei dem Strafrechtsänderungsgesetz 2001 nicht zur Disposition stehe. Es werde „Zeit, endlich einen Schlussstrich unter die seit Jahrzehnten laufende Diskussion zu ziehen.“ Die logische Konsequenz aus den Diskussionen wäre, den § 209 „endlich abzuschaffen“.

Die Stellungnahme des Oberkirchenrates A. und H.B. ergeht an das Bundesministerium für Justiz und an das Präsidium des Nationalrates.

ISSN 2222-2464

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