10.12.2008

Evangelische Kirchen und Diakonie fordern „Klimaänderung“ im Umgang mit Asylsuchenden

Aktion "Protect" als Zeichen der Solidarität mit Flüchtlingen

Aktion „Protect“ als Zeichen der Solidarität mit Flüchtlingen

Wien (epd Ö) – „Mit der Aktion ‚Protect‘ möchten wir ein Zeichen setzen, dass sich Österreicherinnen und Österreicher der großen Tradition dieses Landes, das hunderttausende Schutzsuchende aufgenommen hat, bewusst sind und bewusst gegen ein Klima des Misstrauens, des Generalverdachts und der Intoleranz auftreten“, sagte Diakonie-Direktor Michael Chalupka bei einer Pressekonferenz am Dienstag, 9. Dezember, in Wien. Getragen wird die Aktion vom Diakonie Flüchtlingsdienst in Kooperation mit den Evangelischen Kirchen in Österreich. Literatinnen und Literaten wie Josef Haslinger und Julya Rabinowich unterstützen die Aktion.

Der Einsatz für Asylsuchende, Flüchtlinge und MigrantInnen sei Kirche und Diakonie quasi „in die Krippe“ gelegt, sagte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker bei der Pressekonferenz. Kirche und Diakonie hätten ihre anwaltliche Funktion wahrzunehmen, wo Menschen mit Migrationshintergrund in ihren Rechten verletzt werden. So fordern die Evangelischen Kirchen und die Diakonie weiterhin ein „grundrechtlich geregeltes Antragsrecht beim Bleiberecht“. Die Vorschläge der neuen Regierung, dass Gemeinden oder NGOs Verpflichtungserklärungen für gut integrierte AusländerInnen übernehmen, seien „kein geeignetes Mittel“.

Auf Quotenregelung bei Familienzusammenführung verzichten

Begrüßt wird hingegen der Vorstoß der EU, den Flüchtlingsschutz solidarischer auf die Mit-gliedsländer zu verteilen. Bünker: „Es geht nicht an, dass die sowohl finanziell als auch logistisch schwächsten Länder der EU die gesamte Arbeitslast für das Herz Europas zu tragen haben.“ Kritisiert wird hingegen die „schroffe Zurückweisung“ der Ideen der EU-Kommission durch die österreichische Bundesregierung, die Argumentation für eine solidarische Aufteilung von Flüchtlingen in Österreich werde dadurch „unglaubwürdig“, das „Florianiprinzip“ sollte nicht zum Grundsatz gemacht werden, warnen Kirche und Diakonie. Nach den Vorstellungen der Evangelischen Kirchen und der Diakonie sollte „unbedingt auf die Quotenregelung bei der Familienzusammenführung verzichtet“ werden, der positive Integrationseffekt von Familiennachzug sei ausreichend bekannt, betonte Bischof Bünker, der „die evangelischen Christinnen und Christen und alle Menschen guten Willens“ dazu aufrief, die Aktion „Protect“ zu unterstützen.

Wenn auch im Regierungsprogramm im Bereich Integration „fast ausschließlich schwammige Absichtserklärungen“ stünden, sei zumindest positiv, dass Österreich als Zuwanderungsland gesehen werde, sagte Diakonie-Direktor Chalupka. Es brauche allerdings eine massive „Klimaänderung“, damit sich AusländerInnen in Österreich „willkommen fühlen“. Die Regierung sollte „endlich zur Besinnung kommen“, denn derzeit bestimmen, so Chalupka, Abwehr, „Draußenhalten“ und Generalverdacht den Umgang mit Asylsuchenden. Eine „beschämende Situation“ angesichts der langen Tradition Österreichs im positiven Umgang mit Flüchtlingen.

Als sie 1977 nach Österreich kam, sei sie noch „offen empfangen“ worden, sagte die Schriftstellerin und Übersetzerin Julya Rabinowich. Heute würden Flüchtlinge nicht nur mit ihrer traumatischen Vergangenheit, sondern auch mit den vorgefassten Meinungen vieler Österreicherinnen und Österreicher kämpfen. Gemeinsam mit Seher Cakir, Josef Haslinger, Sabine Gruber, Vladimir Vertlib und Ekaterina Wladigerova wird Rabinowich an einer Benefizlesung am Freitag, 12. Dezember, im Kasino am Schwarzenbergplatz teilnehmen. Von ihren Erfahrungen als tschetschenischer Flüchtling berichtete bei der Pressekonferenz Suchra Sulieva, die heute als Germanistin und Dolmetscherin für den Diakonie Flüchtlingsdienst arbeitet. Zwei Jahre habe sie auf die Anerkennung als Flüchtling warten müssen, ohne die Unterstützung durch den Diakonie Flüchtlingsdienst sei der Neustart in Österreich nicht möglich gewesen.
(Service: Spendenkonto Aktion „Protect“ 287 119 66300, Erste Bank, BLZ 20111; Benefizlesung „fremd.worte“, 12. Dezember, 20.00 Uhr, Kasino am Schwarzenbergplatz, 1010 Wien; Karten zu 15 Euro unter www.burgtheater.at oder Tel. 01/514 444 140)

ISSN 2222-2464

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